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# taz.de -- Kunst- und Turmspringen: Gemeinsam für eine Medaille
> Bei den Deutschen Meisterschaften im Kunst- und Turmspringen wird der
> Berliner Sascha Hausding Vizemeister. Für die Olympischen Spiele in
> Peking hat er sich schon vorher qualifiziert.
Bild: So sehen Leute aus, die vom Zehn-Meter-Turm springen
Genau 48 Stufen geht es hoch auf den Turm. Groß und mächtig steht er im
Europasportbad an der Landsberger Allee. Wer da hinaufklettert, der muss
schon ziemlich mutig sein. Wer dann noch zehn Meter hinab in die Tiefe
springt, erst recht. Und vorsichtig. Bei all den Schrauben und Salti, mal
rückwärts eingesprungen, mal vorwärts, gehechtet oder gestreckt, vergisst
man schon mal das Wichtigste. Das richtige Eintauchen nämlich. Mit einer
Geschwindigkeit von gut sechzig Kilometern fliegen die Springer auf die
Wasseroberfläche. Die Landung ist hart und schmerzhaft, wenn der Winkel zum
Wasser nicht optimal gefunden wird. Sascha Hausding zum Beispiel bekam bei
einem seiner Sprünge vom Zehn-Meter-Turm die Hände nicht mehr rechtzeitig
ineinander. "Ich habe bei all den komplizierten Sprungteilen einfach nicht
mehr daran gedacht", erklärt der 19-jährige Berliner Gymnasiast. Eine
Nachlässigkeit, die ihm einen Bänderanriss im Daumengelenk einbrachte.
"Typische Springerkrankheit", erklärt Lutz Buschkow, der Bundestrainer der
Kunst- und Turmspringer im Deutschen Schwimmverband (DSV).
Am Wochenende trafen sich die Springer zu den Deutschen Meisterschaften im
Berliner Europasportbad. Offiziell ging es um die Olympiaqualifikation -
aber eigentlich ging es darum nicht. Weil Bundestrainer Buschkow seine
zwölf Kandidaten doch längst ermittelt hat auf den zahlreichen Europacups
in dieser Saison und bei der Europameisterschaft in Eindhoven. Und wohl
auch deshalb konnte der 1,79 Meter große Patrick Hausding auf die ganz
großen Sprünge vom Zehn-Meter-Turm verzichten. Wegen seiner Verletzung
sprang er nur vom Drei-Meter-Brett - und wurde Deutscher Vizemeister.
Für die Spiele in Peking ist Hausding aufgrund seiner sehr guten
Vorleistungen im Synchronspringen vom Turm ohnehin gesetzt. Mit seinem
Sprungpartner, dem Aachener Sascha Klein, hat Hausding sogar eine echte
Medaillenchance im Pekinger Schwimmzentrum, dem "WaterCube". Überhaupt ist
2008 ein gutes Jahr bisher für Klein/Hausding. Ende März wurden sie im
niederländischen Eindhoven Europameister. Einen Monat zuvor schockten sie
die wassersprungverrückten Chinesen mit einem zweiten Rang beim Weltcup in
Peking. "Wir haben gezeigt, dass die Chinesen durchaus zu schlagen sind.
Das gibt uns, aber auch den anderen Nationen Mut für die Spiele", versucht
sich Hausding in psychologischen Interpretationen der Folgen seines
Weltcup-Erfolgs.
Dass der Berliner Hausding so überaus gut mit dem Aachener Klein
harmoniert, scheint auf dem ersten Blick unverständlich. Immerhin liegen
knapp 700 Kilometer zwischen den Trainingszentren von Klein beim SV Neptun
Aachen und Hausding beim Berliner TSC. "Wir sehen uns eigentlich nur bei
Lehrgängen und auf Wettkämpfen", berichtet Hausding. Dass die Fernbeziehung
dennoch intakt ist, hat gleich mehrere Gründe. "Die beiden passen einfach
gut zusammen, von der äußeren Erscheinung und ihrer Sprungtechnik",
erläutert Nationaltrainer Buschkow die Erfolgsgründe. Und weil jeder ein
individuell so starker Springer sei, komme es auf das gemeinsame Training
gar nicht mehr an, ergänzt der Trainer. "Wir springen für uns alleine, aber
gemeinsam für eine Medaille", erklärt Hausding die Taktik, die auch bei den
Olympischen Spielen in China zum Erfolg führen soll.
Patrick Hausding trainiert dafür täglich sechs Stunden an sechs Tagen der
Woche im Europasportbad. Zwanzig bis dreißig Mal pro Tag steigt der Schüler
auf den Sprungturm. Da ist er in guter Gesellschaft. Neben dem
Olympiastützpunkt in Aachen gilt Berlin als das führende Zentrum des Kunst-
und Wasserspringens. In nicht weniger als in sechs Vereinen wird dieser
Sport betrieben. Die erfolgreichsten landen dann beim Berliner TSC im
Schwimmbad an der Landsberger Allee. "Die Sprunganlagen hier gehören zu den
modernsten der Welt. Das zieht natürlich", erklärt Nationaltrainer Lutz
Buschkow. Während es zum Beispiel in Hessen wegen der Schließung kommunaler
Schwimmbäder seit 1996 kein einziges Bad mehr mit einem Zehn-Meter-Turm
gibt, verfügen die Springer in Berlin über erstklassige Bedingungen. Rund
1.200 Springer trainieren im ganzen Land, gut 120 davon in Berlin. Der
Schüler Patrick Hausding ist einer von ihnen. "Wir sind eine echte
Randsportart, aber dafür eine der erfolgreichsten", erklärt er stolz.
1 Jun 2008
## AUTOREN
Torsten Haselbauer
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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