# taz.de -- Simbabwer flüchten nach Mosambik: Afrikas Solidarität mit Mugabes… | |
> Mosambik ist zum wichtigsten Zielland für Simbabwer geworden, die dem | |
> Elend in der Heimat entfliehen. Doch viele Einheimische sind unzufrieden | |
> über die Migranten. | |
Bild: Obdachlose Äthiopier und Flüchtlinge aus Somalia in Addis Abeba | |
Tsitsi Chapungu ließ sogar ihr Baby zurück, als sie beschloss, ihre Heimat | |
zu verlassen. Die 26-jährige Simbabwerin ließ ihre kleine Tochter bei ihrer | |
Mutter und machte sich auf den Weg nach Mosambik, wo ihre ältere Schwester | |
schon seit zwei Jahren lebt. Jetzt arbeitet sie in der westmosambikanischen | |
Stadt Chimoio als Kellnerin in einem Hotel, ohne Arbeitserlaubnis, für | |
knapp über 50 Euro im Monat. | |
"Ich bin zufrieden hier", sagt sie. "Mit dem Geld kann ich Reis, Speiseöl | |
und Seife kaufen und nach Hause schicken." In Simbabwe sind solche Güter | |
des täglichen Bedarfs unbezahlbar geworden, bei einer Inflationsrate von | |
inzwischen geschätzt neun Millionen Prozent. "In Simbabwe könnte ich mir | |
überhaupt nichts leisten", meint Tsitsi. | |
Mosambik ist zum bevorzugten Ziel für arbeitssuchende Simbabwer geworden. | |
Südafrika fällt nach den jüngsten fremdenfeindlichen Pogromen aus, Botswana | |
hat einen Grenzzaun errichtet. Bleibt das östliche Nachbarland, dessen | |
Regierung mit der Simbabwes seit der Zeit gemeinsamer Befreiungskriege gute | |
Beziehungen unterhält. In den späten 70er-Jahren hatte die Guerilla des | |
heutigen simbabwischen Präsidenten Robert Mugabe, die das weiße | |
Minderheitsregime im damaligen Rhodesien bekämpfte, ihre Stützpunkte im | |
sozialistischen Mosambik. In den 80er-Jahren schickte das unabhängige | |
Simbabwe seinerseits Truppen nach Mosambik gegen die von | |
Apartheid-Südafrika aufgebauten Renamo-Rebellen. Aus dieser Zeit datieren | |
viele binationale Ehen und gemischte Familien. Lange Zeit war Mosambik der | |
arme Nachbar des reichen Simbabwe - heute ist es umgekehrt: Mosambik boomt, | |
Simbabwe steckt in der Krise. | |
Der Grenzposten Machipanda ist überfüllt. Hunderte Simbabwer warten auf die | |
Einreise nach Mosambik, hochbeladen mit Waren, die sie im 90 Kilometer von | |
der Grenze entfernten Chimoio verkaufen wollen. "Wir bringen alles hierher, | |
um richtiges Geld zu verdienen", sagt eine junge Händlerin. "Erdnussbutter, | |
Plastikfolien, Seile, Wurst, Teeblätter. Mosambikaner kaufen alles." | |
Mahomed Icbal Daud, ein Ladenbesitzer in Chimoio, freut sich nicht über die | |
Konkurrenz. "In den 80er-Jahren wurden wir von den simbabwischen Soldaten | |
sehr schlecht behandelt", erzählt er. "Viele Mosambikaner flohen nach | |
Simbabwe, wo sie fast umsonst arbeiteten. Jetzt ist es umgekehrt: Die | |
Simbabwer überschwemmen uns. Aber warten Sie, bis es dunkel ist, und Sie | |
sehen, wie die Prostituierten aus Simbabwe öffentlich Kunden suchen. Vor | |
allem Lastwagenfahrer. Bald hat hier jeder Aids." | |
Nach dem Gesetz in Mosambik kann ein Unternehmen nur einen Ausländer pro 23 | |
Einheimische anstellen, und er muss dafür Gründe angeben. Also arbeiten | |
viele Simbabwer illegal. Geschäftsmann Mahomed sagt, dass er sich an die | |
Regeln hält: Nur Mosambikaner arbeiten bei ihm. Aber er versteht, warum | |
manche Arbeitgeber beide Augen zudrücken: "Es gibt zu viel Papierkram in | |
diesem Land. Und leider interessieren sich die Mosambikaner nur für ihren | |
Gehaltsscheck, nicht fürs Arbeiten." | |
Nicht alle Einheimischen denken so skeptisch wie Mahomed. Ein | |
Lastwagenfahrer sagt: "Früher schickte Simbabwe Truppen, um uns Frieden zu | |
bringen. Die meisten von uns haben Zeit in Simbabwe als Flüchtlinge | |
verbracht, wo man uns aufnahm. Jetzt sind wir dran, umgekehrt den | |
Simbabwern zu helfen." | |
Die Armeen beider Länder patrouillieren die bergige Grenze. Aber es ist | |
unmöglich, jeden Schlupfwinkel zu überwachen. Dafür ist das Elend in | |
Simbabwe zu groß. Nach amtlichen Angaben wird das Land dieses Jahr eine | |
Maisernte von 500.000 Tonnen einfahren - bei einem Bedarf von 1,8 | |
Millionen. Lebensmittellager gibt es nicht. Viele weiße Farmer, die aus | |
Simbabwe vertrieben wurden, bauen jetzt in Nachbarländern wie Mosambik, | |
Sambia und Malawi Lebensmittel an. Aber Simbabwe hat kein Geld mehr, um sie | |
einzukaufen. | |
1 Jul 2008 | |
## AUTOREN | |
Godfrey Karoro | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Flucht | |
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