# taz.de -- Schwuler Theologe unterliegt bei Bischofswahl: Hetero wird Bischof … | |
> Der schwule Theologe Horst Gorski erreicht bei der Bischofswahl in der | |
> nordelbischen Kirche nur einen Achtungserfolg. Gorski sagt: "Die | |
> Kandidatur hat ihren Sinn gehabt". | |
Bild: Gorski ist nicht der erste schwule lutherische Bischof der Welt geworden. | |
SCHLEWIG taz "Nein", sagte nach der Wahl der Unterlegene, "das hat keine | |
Rolle gespielt." Im Dom zu Schleswig sprach dies am Samstagnachmittag | |
Propst Horst Gorski. Der 51-jährige Leiter des Kirchenkreises | |
Hamburg-Altona hatte soeben die Wahl zum neuen Bischof in der nordelbischen | |
Kirche verloren. Und "das", das war seine Homosexualität, die seine Wahl zu | |
einer landes-, ja wohl auch weltweiten Sensation gemacht hätte. Gorski wäre | |
nämlich der erste schwule lutherischen Bischof der Welt geworden. Es sollte | |
nicht sein. | |
Warum, darüber darf spekuliert werden. Die Wahl war geheim. Es gab vor ihr | |
keine Aussprache unter den 136 anwesenden Synodalen dieser Kirche, deren | |
Gebiet von Hamburg bis zur dänischen Grenze, von der Ost- bis zur Nordsee | |
reicht. Schon im ersten Wahlgang wurde der bisherige Propst des | |
Kirchenkreises Angeln, der 57-jährige Gerhard Ulrich, mit 77 gegen 56 | |
Stimmen zum neuen Bischof gewählt. | |
Trotz dieses am Ende scheinbar klaren Ergebnisses: Die Wahl war bis zum | |
Ende offen, weder Gorski noch Ulrich ging als Favorit ins Rennen. Und so | |
waren die öffentliche Aufmerksamkeit und die Spannung unter den | |
Kirchendelegierten groß, als nach einem Gottesdienst in der | |
mittelalterlichen Backsteingotik-Kathedrale gegen Mittag die eigentliche | |
Wahlsynode begann. | |
Maria Jepsen, die erste lutherische Bischöfin der Welt, erklärte als | |
Vorsitzende des Wahlausschusses, was ihr 17-köpfiges Gremium dazu bewogen | |
habe, diese beiden Männer als Kandidaten für die Bischofswahl | |
vorzuschlagen: Beide Pröpste hätten neben einer Menge anderer Pluspunkte | |
vor allem theologische und seelsorgerische Kompetenz, Konflikt- und | |
Teamfähigkeit, Verwaltungs- und Gemeindeerfahrung. Es seien "glaubwürdige | |
Persönlichkeiten", die "große Akzeptanz in unserer Kirche" besäßen. Die vor | |
der Wahl aufgetretenen "Einflüsterungen und Missachtungen", seien für die | |
Wahl "ohne Bedeutung", erklärte die Oberhirtin unter Beifall. Gemeint waren | |
versteckte und offene Attacken, die konservative Protestanten wegen Gorskis | |
Homosexualität gestartet hatten. | |
In seiner phasenweise brillanten Bewerbungsrede nahm der schwule Bewerber | |
darauf Bezug - allerdings nur in Andeutungen: Gorski betonte, er wolle auch | |
in dem möglichen neuen Amt "als Person sichtbar sein" und zeigen, "was ich | |
denke, glaube und fühle". Er zollte der Kirchenleitung Respekt, die ihn vor | |
der Wahl vor Angriffen wegen seiner Homosexualität öffentlich in Schutz | |
genommen hatte. Die Worte "schwul" oder "homosexuell" fielen kein einziges | |
Mal. Es würde ihn "mit Freude und Stolz erfüllen", gerade für diese Kirche | |
das Bischofsamt zu bekleiden. | |
Auch eine Spitze gegen seine konservativen Kritiker wie den Lübecker | |
Altbischof Ulrich Wilckens gönnte sich Gorski noch, der so etwas wie der | |
Cheftheologe seiner Kirche ist. Wie andere auch hatte Wilckens Gorski wegen | |
eines Satzes aus einer Karfreitagspredigt vor zwei Jahren kritisiert. Darin | |
hatte Gorski gesagt: "Der Tod Jesu war nicht notwendig, damit Gott sich mit | |
uns versöhnt und uns vergibt. Die Behauptung einer solchen Notwendigkeit | |
ist eines der größten Missverständnisse der christlichen Geschichte." | |
Altbischof Wilckens warf Gorski vor, mit solchen Gedanken verabschiede er | |
sich "vom Kern des biblischen Evangeliums". | |
Gorski reagierte auf diese Angriffe: Er sei froh, dass in seiner Kirche | |
weder amtierende noch pensionierte Bischöfe die Lehrhoheit hätten - eine | |
Bemerkung, die viele Synodalen mit Lachen quittierten. Die Synode reagierte | |
mit lang anhaltendem Beifall auf Gorskis Rede. | |
Nicht weniger Applaus erhielt der Kandidat Ulrich für seine ebenfalls fast | |
genau 20-minütige Rede. Während Gorski etwas kämpferisch wirkte, glich die | |
Rede Ulrichs eher einer Predigt. Seine Vorstellungen über die Zukunft | |
seiner Kirche blieben ein wenig im Ungefähren. Allerdings wurde deutlich, | |
dass er Zuversicht verbreiten wollte, etwa mit dem Satz: "Die Kirche wird | |
nicht aufhören, Früchte zu tragen." Ulrich betonte zudem sein Wissen um die | |
Nöte der Bevölkerung auf dem platten Land - und dies war, nach dem Eindruck | |
einiger Synodalen, ein Hauptgrund für Ulrichs Wahl: Wegen seines bisherigen | |
Wirkungsfeldes im ländlichen Landstrich Angeln war er den Wählenden etwas | |
näher als der von Großstadtarbeit geprägte Gorski. | |
Der unterlegene Kandidat sagte dennoch, er glaube, dass seine Kandidatur | |
trotz der Niederlage "ihren Sinn gehabt" habe: Die Kirche habe sich wegen | |
ihr deutlich gemacht, dass der Beschluss für die Akzeptanz homosexueller | |
Geistlicher auch im Bischofsamt nicht ende. Insofern habe er auch "eine | |
kleine Veränderung" in seiner Kirche erreicht. | |
13 Jul 2008 | |
## AUTOREN | |
Philipp Gessler | |
## TAGS | |
Jesus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Glaubensstreit: Kampf um ein Menschenopfer | |
Kurz bevor er ein hohes Amt antritt, fordern Evangelikale, der Hamburger | |
Theologe Horst Gorski solle Aussagen aus dem Jahr 2006 widerrufen. |