| # taz.de -- Steuerprivilegien in Deutschland: "Dienstwagen sind Trendsetter" | |
| > Der Finanzwissenschaftler Hans-Jochen Luhmann ist dafür, die | |
| > Vergünstigungen für Dienstwagen zu kappen - um den Autobauern auf die | |
| > Sprünge zu helfen. | |
| Bild: Um wen geht es bei Dienstwagen vor allem? Autos von Volkswagen und Audi! | |
| taz: Herr Luhmann, Umweltminister Sigmar Gabriel will die Absetzbarkeit des | |
| Dienstwagens an der EU-Zielmarke für den CO2-Ausstoß ausrichten. Es könnten | |
| dann nur noch so viel Spritkosten von der Steuer abgesetzt werden, wie ein | |
| Auto mit einem CO2-Ausstoß von 140 Gramm auf den Kilometer verursacht. Gute | |
| Idee? | |
| Hans-Jochen Luhmann: Das ist eine gute Idee, denn es ist der Einstieg in | |
| das, was wir brauchen: Wir müssen unsere Konsummuster ändern. Die | |
| Dienstwagen sind Trendsetter am Automarkt - hier einzugreifen wird auch den | |
| Privatkonsum verändern. | |
| Und die Anschaffungskosten? | |
| Die müssten selbstverständlich auch einbezogen werden. Das Steuerrecht | |
| begünstigt die Gesamtaufwendungen für den Dienstwagen, also müssen wir auch | |
| bei den Gesamtaufwendungen ansetzen. Es ist illegitim, nicht notwendige | |
| Aufwendungen steuerlich zu begünstigen. Das Fahren von Spritschluckern ist | |
| nicht notwendig. | |
| Viele Steuerrechtler sagen, der Staat dürfe dem Unternehmer nicht | |
| vorschreiben, wie er seinen Gewinn erzielt. Wenn der Makler nur im Porsche | |
| ernst genommen wird … | |
| Der Staat hat immer solche Grenzen der Absetzbarkeit definiert. | |
| Geschäftsfreunde auf Segeljachten oder auf Jagdhütten mitzunehmen ist auch | |
| nicht mehr von der Steuer absetzbar. | |
| Sie haben errechnet, dass der Staat 2,5 Milliarden Euro pro Jahr gewinnen | |
| würde, wenn man die Abzugsfähigkeit der Spritkosten am EU-Zielwert von 140 | |
| Gramm ausrichtet. Haben Sie ein Einzelbeispiel? | |
| Der Porsche Cayenne Turbo S kostet 98.000 Euro, stößt 378 Gramm CO2 aus und | |
| verbraucht 17 Liter auf 100 Kilometer. So entstehen steuerlich relevante | |
| Kosten von gut 22.000 Euro jährlich. Zahlt der Fahrer den Grenzsteuersatz | |
| von 40 Prozent, trägt der Steuerzahler davon 9.000 Euro. Würde der | |
| Hochverbrauch zum Privatvergnügen erklärt und gälte die Grenze von 140 | |
| Gramm, würde der Staat 6.000 Euro an diesem Auto pro Jahr sparen. | |
| Einige Sozialdemokraten schlagen vor, mit den 2,5 Milliarden Euro die | |
| Pendlerpauschale zu bezahlen. Gute Idee? | |
| Das wäre die Flucht vor der eigenen Courage. Die Pendlerpauschale ist ein | |
| Populismusthema. Wenn man meint, sie deshalb neu gestalten zu müssen, muss | |
| man sie ebenfalls unter Effizienzkriterien stellen. | |
| Viele EU-Staaten erheben für große Autos extra Zulassungssteuern. Wäre das | |
| eine Alternative für Deutschland? | |
| Nein. Die hohen Zulassungssteuern sind das Mittel von Staaten, die keine | |
| eigene Autoindustrie haben. Die EU aber will zu Recht eine | |
| Vereinheitlichung der Kfz-Besteuerung. Dazu würde das Gesamtvolumen der | |
| verschiedenen Kfz-Steuern in Europa nach einheitlicher Methode umgelegt - | |
| und nach Effizienzkriterien ausgelegt. Ein Bonus-Malus-System würde | |
| Niedrigverbraucher belohnen, Hochverbraucher bestrafen. | |
| Die Union will gerade wegen der Ölpreise jede weitere Belastung der | |
| Mittelständler ausschließen. | |
| Die Konzentration ungerechtfertigter Begünstigungen auf den | |
| Dienstwagenbereich dient dazu, die Absetzbarkeit der übertrieben großen | |
| Pkws in Deutschland zu fördern. Das hat zu einer Fehlentwicklung geführt. | |
| Nun muss man aber der Automobilindustrie helfen, aus dieser zukunftslosen | |
| Marktecke wieder herauszukommen. Natürlich sollten Sonderregeln für | |
| Gärtnereibetriebe oder Förstereien möglich bleiben. | |
| Branchenkenner sagen, die Unternehmen würden ihre Firmenflotten eh schon | |
| ökologisch an den Ölpreis anpassen. | |
| Die Flottenbetreiber brauchen verlässliche Rahmenbedingungen. Verlässlich | |
| ist das, was der Staat macht - der Ölpreis kann auch wieder kippen. Wir | |
| haben es hier mit einem Machtkampf zwischen Politik und Automobilindustrie | |
| zu tun. Die Politik zeigt: Wir tragen eure Tendenz zum | |
| Hochverbrauchfahrzeug nicht mehr mit, die Automobilindustrie hält dagegen. | |
| Dann braucht es eben Maßnahmen. | |
| INTERVIEW: ULRIKE WINKELMANN | |
| 14 Jul 2008 | |
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| Deutsche Umwelthilfe | |
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