# taz.de -- Kommentar Energiepreise: Auf kleiner Flamme köcheln | |
> Das Energieproblem ist zu ernst, als das Politiker es für ihre üblichen | |
> Forderungen zerreden sollten. Sie müssten anfangen, umzudenken - weg von | |
> Kohle und Atomstrom. | |
Die steigenden Energiepreise bleiben auch im politischen Sommertheater 2008 | |
ein zentrales Thema. An diesem Wochenende hat sich etwa CSU-Chef Erwin | |
Huber zu Wort gemeldet: Er will die Laufzeiten der AKWs um 60 Jahre | |
verlängern, um der Energiekrise zu trotzen. Linken-Chef Gysi fordert, die | |
Hartz-IV-Sätze zu erhöhen, damit auch Arbeitslose weiter ihre Rechnungen | |
bezahlen können. Und DGB-Chef Michael Sommer fürchtet gar, dass andernfalls | |
im kommenden Winter Zehntausende frieren, ja sogar erfrieren könnten. | |
Mit anderen Worten: Die üblichen Verdächtigen nutzen die Krise, um - in | |
leicht abgewandelter Form - ihre üblichen Forderungen zu erheben. Dabei ist | |
das Thema eigentlich zu ernst. Doch in der Politik regiert nach wie vor das | |
Laisser-faire-Prinzip: Die Dinge passieren eben. Aufgabe der Politik ist es | |
dann, auf die Symptome zu reagieren. Natürlich kann man die Laufzeit von | |
AKWs auch um 80 Jahre verlängern (die Union) oder jährlich den | |
Hartz-IV-Satz erhöhen (die Linken). Und man kann natürlich auch in 30 | |
Jahren noch Braunkohle abbauen wollen (die Gewerkschaften). Aber das ist | |
die Politik von gestern. Was es braucht, ist ein Vorsorgeprinzip: Eben weil | |
die Energiepreise aus atomar-fossilen Anlagen nie wieder sinken werden, | |
muss Politik heute nach Alternativen suchen. | |
Würde sich Hubers CSU erst einmal unideologisch mit dem Atomausstieg | |
befassen, käme sie zu dem Ergebnis, dass längere Laufzeiten den Strompreis | |
nicht senken werden. Denn der bildet sich an den Strombörsen, nach dem | |
Prinzip von Angebot und Nachfrage. Zwar liefern abgeschriebene AKWs | |
günstigen Strom. Aber die Differenz zwischen dem Preis für Atomstrom und | |
dem Preis an der Strombörse streichen die Konzerne ein. Der Endverbraucher | |
hat davon nichts. Auch Gregor Gysi könnte, statt immer mehr Staatsknete zu | |
fordern, sich dafür starkmachen, dass Hartz-IV-Empfänger einen Energiecheck | |
und Energiesparlampen angeboten bekommen. Und die Gewerkschaften sollten | |
endlich von ihrem Pro-Kohle-Kurs auf erneuerbare Energien umschwenken. Denn | |
nur die senken langfristig die Preise. NICK REIMER | |
28 Jul 2008 | |
## AUTOREN | |
Nick Reimer | |
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