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# taz.de -- Frankreich vermittelt im Südkaukasus: Fragiler Friedensplan
> Die Einigung zwischen Russland und Georgien ist wacklig. Die Zukunft der
> Provinzen Südossetien und Abchasien bleibt unklar.
Bild: Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner am Montag in Gori.
Zunächst war die Erleichterung groß über den Friedensplan für den Kaukasus.
Auch in Deutschland. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler
(SPD), sah die Gefahr neuer Gefechte nach der Einigung zwischen Russland
und Georgien "weitgehend gebannt". Doch am Mittwochnachmittag setzte
Ernüchterung ein. Entgegen der Rückzugsversprechungen rückte die russische
Armee mit Panzern in die georgische Stadt Gori ein.
Dabei hatten beide Seiten mit der Zustimmung zu dem Friedensplan
versprochen, sofort und auch künftig auf Gewalt zu verzichten. Sie wollen
außerdem ihre Truppen auf den Stand vor dem Konflikt zurückziehen.
Humanitären Helfern soll der Zugang zu den Opfern ermöglicht werden. Über
die "Modalitäten der Sicherheit und Stabilität in Abchasien und
Südossetien" soll eine internationale Diskussion beginnen.
Vorbereitet hat den 6-Punkte-Plan nach eigenen Angaben der französische
Außenminister Bernard Kouchner. Er leitet derzeit auch den Rat der
EU-Außenminister. Peu à peu kam die Abmachung in den letzten zwei Tagen ans
Licht. Zunächst stellte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy den Plan am
Dienstagnachmittag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem russischen
Präsidenten Dmitri Medwedjew in Moskau vor. Anschließend traf sich Sarkozy
in Tiflis mit dem georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili. Doch erst
am Mittwochmorgen gegen 3 Uhr verkündete auch der Georgier seine
Zustimmung. Am Mittwochnachmittag schließlich stellte Kouchner den Plan in
Brüssel den übrigen EU-Staaten und der europäischen Öffentlichkeit vor.
Saakaschwili hatte erst zugestimmt, nachdem - mit Einverständnis von
Medwedjew - ein Punkt des Plans noch geändert worden war. Ursprünglich hieß
es dort, dass eine internationale Diskussion über den "künftigen Status"
der beiden abtrünnigen Republiken Südossetien und Abchasien geführt werden
solle. Dies lehnte Saakaschwili ab; er besteht darauf, dass die beiden
Regionen weiterhin zu Georgien gehören.
Wie wenig der Friedensplan wert sein könnte, zeigte sich bereits im Lauf
des Mittwochs. Bisher handelt es sich bei dem Plan ohnehin nur um eine
Erklärung "von Grundsätzen, die beide Seiten akzeptieren", so Kouchner,
nicht um einen Vertrag. Das Dokument wurde deshalb auch nicht
unterzeichnet. Der Plan soll nun Grundlage einer Resolution des
UN-Sicherheitsrats werden.
Mit dieser geplanten UNO-Resolution will die EU auch eine Grundlage für die
Entsendung von EU-Beobachtern in die Region schaffen. Die Beobachter sollen
zumindest die Einhaltung der Feuerpause kontrollieren, sagte gestern der
EU-Außenbeauftragte Javier Solana nach einer Sitzung des Außenministerrats
in Brüssel, eventuell sollen die Beobachter auch noch weitere Aufgaben
übernehmen. Es handele sich dabei aber nicht um eine EU-Friedenstruppe,
erklärte Kouchner gestern auf Nachfrage.
Derzeit befinden sich schon zwei internationale Beobachtermissionen in der
Region. In Südossetien ist die Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa (OSZE) aktiv, in Abchasien die UNO. Die
EU-Beobachter sollen diese Missionen wohl eher verstärken als ersetzen.
Doch über die Details der UNO-Resolution wird es sicher noch viel Streit
geben. Außerdem erklärten gestern die Präsidenten Abchasiens und
Südossetiens, Sergej Bagapsch und Eduard Kokoity, dass sie auf keinen Fall
mit Saakaschwili sprechen werden. Dieser gehöre wegen seines Vorgehens in
Südossetien vielmehr vor Gericht gestellt.
Vor Gericht zieht dagegen Georgien. Das Land hat sowohl beim Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg als auch beim Internationalen
Gerichtshof (IGH) in Den Haag Klagen gegen Russland eingereicht. In
Straßburg erhob Georgien eine Staatenbeschwerde und warf Russland die
ungesetzliche Tötung und unmenschliche Behandlung von georgischen Bürgern
vor. Auf Antrag der georgischen Regierung appellierte daraufhin der
Präsident des Gerichtshofs, Jean-Paul Costa, an beide Regierungen, die
Menschenrechte zu beachten.
In Den Haag berief sich Georgien auf eine Konvention gegen
Rassendiskriminierung von 1965. Diese habe Russland mit seinen
"Interventionen" in Abchasien und Südossetien ab 1990 mehrfach verletzt. Da
der IGH einen völkerrechtlichen Konflikt nur entscheiden kann, wenn sich in
der konkreten Frage beide Seiten seiner Rechtsprechung unterworfen haben,
mussten sich die Georgier auf einen von beiden Seiten unterzeichneten
Vertrag berufen. Die Klage wirkt aber etwas weit hergeholt und dürfte
unzulässig sein.
Ersichtlich geht es den Georgiern aber darum, die Russen als Aggressoren zu
brandmarken und zu verdeutlichen, dass Georgien sich im Recht fühlt.
Dagegen warnte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD)
gestern vor "langen Diskussionen über Verantwortung und Urheberschaft" der
letzten Tage. Auch sein Kollege Kouchner betonte, man solle jetzt
"pragmatisch" sein und nicht diskutieren, wer die Menschenrechte verletzt
habe.
13 Aug 2008
## AUTOREN
Christian Rath
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