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# taz.de -- Manga-Szene in Deutschland: Luftgitarren und sonstige Waffen
> Die J-Culture-Szene hierzulande ist noch eher wenig bekannt. Wie
> vielfältig, lustig und produktiv Manga-ComiczeichnerInnen sind, zeigt der
> neue Sampler "Ballroom Blitz".
Bild: Gegen den Willen von Big Jay drängt es den Hillerkiller nach Bremen
Manga machen bislang vor allem Umsatz und sonst nicht viel von sich reden.
Manga, Anime und die ganze dazugehörende J-Culture sind seit den 1990ern
als kommerzielle Jugendkultur aus Japan nach Europa importiert worden. Auch
wenn in Japan der Begriff Manga für ein breites Spektrum von Comics steht,
entwickelt sich hierzulande erst allmählich eine Art Manga-Underground.
Die Teenie-Fans der ersten Serien wie "Sailormoon" und "Dragon Ball" sind
mittlerweile Mitte zwanzig, und viele von ihnen zeichnen selbst, seit sie
angefangen haben, Manga zu lesen. Einige von ihnen sind bei den großen
Verlagen unter Vertrag. Andere haben Kleinstverlage gegründet, wie
Fireangels oder Butter and Cream, um wie alle unabhängigen Verlage unter
selbstausbeuterischen Bedingungen ihre eigenen Programme zu machen.
Zudem ist die ganze J-Culture-Community hervorragend vernetzt. Das Internet
ist auch für diese Szene unentbehrlich, um unabhängige Strukturen zu
entwickeln. Das Zentralorgan der Szene ist die Webpräsenz des größten
Fanvereins, Animexx e. V., mit zahlreichen Foren und einem regelmäßigen
Newsletter. Die älteren Akteure, die aus dem jugendgerechten Mainstream
herausgewachsen sind, treffen sich außerdem bei [1][deviantart.com].
Auch die Herausgeberin der Manga-Anthologie "Ballroom Blitz", Carolin
Walch, kannte die Arbeiten der Zeichnerinnen und Zeichner, die sie für die
Mitarbeit an dem Buch ausgewählt hat, hauptsächlich aus dem Netz. "Ballroom
Blitz" verweist schon, wenn man das Buch aufschlägt, auf Manga, denn man
liest das Buch in der japanischen Leserichtung, von rechts nach links. Dann
allerdings stellt man sehr schnell fest, dass "Ballroom Blitz" sich in
Zeichenstil und Inhalt doch sehr von dem abhebt, was man sich gemeinhin
unter Manga vorstellt. In acht sehr unterschiedlichen Geschichten geht es
um um Musik. Es gibt eine bizarre Story über die Beatles, eine sehr lustige
mit Luftgitarren als magische Geheimwaffen und eine melancholische über das
perfekte Mixtape zur Rettung einer gescheiterten Liebe. Alle Beiträge
beziehen sich mehr oder weniger ausdrücklich auf Manga. Die bekannten
stereotypen Merkmale wie Kulleraugen oder endlos lange Beine sucht man
allerdings vergebens. "No Love Lost" von den Royal Walchs beispielsweise
variiert sehr lakonisch das Boys-Love-Thema, eines der erfolgreichsten
Mainstreamgenres. Für seine Parodie "Auf!Nach!Oulu!" verwendet Maximilian
Scheer mit einem unfassbar grauenvollen Monster und den bereits erwähnten
magischen Luftgitarren unentbehrliche Manga-Requisiten.
Bemerkenswert ist auch der an kollektive Strukturen erinnernde
Produktionsprozess. "Ballroom Blitz" ist unter großem Zeitdruck für eine
Ausstellung beim Internationalen Comic-Salon Erlangen 2008 entstanden. Die
Zeichnerinnen und Zeichner haben sich in einem internen Forum intensiv über
ihre Arbeiten ausgetauscht, sich gegenseitig konstruktiv kritisiert und
einander auf die Sprünge geholfen, wenn es nicht weitergehen wollte. Das
Ergebnis gibt der Methode recht: Keine der Geschichten hat bei dieser engen
Zusammenarbeit ihre Eigenständigkeit eingebüßt.
Einer Comicleserin aus der Generation vor "Sailor Moon" mag es befremdlich
erscheinen, dass diese Zeichnerinnen und Zeichner ihre Comics nach wie vor
als Manga bezeichnen, ganz gleich, wie sehr sie sich über den Mainstream
hinausentwickelt haben. Es ist aber folgerichtig, da sie mit Manga
aufgewachsen und davon geprägt sind. Bedauerlich ist nur, dass der Begriff
häufig noch mit absoluter Trivialität assoziiert wird, was diesen Arbeiten
nicht gerecht wird. Das Entscheidende ist aber ohnehin, dass hier eine
Generation von jungen Zeichnerinnen und Zeichnern herangewachsen ist, auf
deren zukünftige Arbeiten man gespannt sein darf.
18 Aug 2008
## LINKS
[1] http://deviantart.com/
## AUTOREN
Jutta Harms
## TAGS
Brüder Grimm
Anime
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