# taz.de -- taz-Genossenschaftsversammlung: Eine Frage der Haltung | |
> Die taz-Genossenschaftsversammlung war auch in diesem Jahr ein Forum | |
> intensiver Diskussion. Und eine Plattform mit hoffnungsvoller Aussicht: | |
> Auf die Zukunft der taz. | |
Bild: Ihn wollte die Leserschaft: Michael Grolm organisiert "Feldbefreiungen" g… | |
"Es gab noch nie so viele Geno-Anmeldungen wie in diesem Jahr", eröffnete | |
taz-Chefredakteurin Bascha Mika gut gelaunt die Genossenschaftsversammlung | |
der taz - ein Grund zu einhelliger Freude. Doch im Berliner Ver.di-Haus | |
wurde auch in diesem Jahr selbstverständlich rege diskutiert, etwa die | |
Frage, ob die taz in Zukunft Anzeigen der Atomindustrie abdruckt. | |
Zwei Genossen hatten gefordert, dass weder Hersteller noch Anwender von | |
Atomkraft Anzeigen in der taz schalten dürfen. Sie gaben zu bedenken, dass | |
die taz sich unglaubwürdig mache und ihre Unabhängigkeit verliere, wenn sie | |
weiterhin Anzeigen der Atomindustrie veröffentliche. Diese Anzeigenkunden | |
müssten genauso behandelt werden wie jene der Rüstungsindustrie, nämlich | |
gar nicht. | |
Im Gegenzug meldeten sich Genossinnen und Redakteure zu Wort, die auf die | |
ökonomischen Überlebensnotwendigkeiten der taz und auf die strikte Trennung | |
von redaktionellen Inhalten und dem Verlagsgeschäft hinwiesen. | |
Der generelle Umgang mit Anzeigen in der taz war schon immer umstritten, | |
besonders augenscheinlich wurde dieser Streitpunkt zuletzt im Jahr 1998, | |
als eine Welle von Bundeswehr-, Castor- und Chemieanzeigen auf die taz | |
zurollte. Eine spontane Befragung der GenossInnen hatte damals jedoch | |
ergeben, dass rund sechzig Prozent mit dem Abdruck der Anzeigen | |
einverstanden waren. | |
Ein ähnliches Ergebnis ergab sich auch an diesem Samstag. Zweimal zählte | |
der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Hermann-Josef Tenhagen, die weißen | |
Karten, die von den Genossinnen in die Höhe gehalten wurden. Die Abstimmung | |
war deutlich: Über zwei Drittel lehnten die beiden Anträge ab. | |
Für anfängliche Irritationen sorgte die Neubesetzung der | |
Aufsichtsratsspitze. Nachdem Adrienne Goehler relativ kurzfristig von einer | |
neuen Amtszeit Abstand genommen hatte, wurde Astrid Prange de Oliveira von | |
Mitgliedern des Aufsichtsrates als ihre Nachfolgerin vorgeschlagen. Spontan | |
hatte sich ein Genosse als Gegenkandidat angeboten, die | |
Genossenschaftsversammlung jedoch stellte sich in der geheimen | |
Wahlabstimmung geschlossen hinter Prange de Oliveira. Die ehemalige | |
taz-Brasilien-Korrespondentin versicherte: "Ich fühle mich der taz sehr | |
verbunden, ihre Unabhängigkeit ist mir sehr wichtig." Neben Adrienne | |
Goehler wurde auch das langjährige taz-Vorstandsmitglied Stefan | |
Affentranger verabschiedet, der die taz in diesem Jahr verlassen wird. | |
Am Ende der Versammlung oblag es Chefredakteurin Bascha Mika, einen Blick | |
in die Zukunft der taz zu werfen. Der 30. Geburtstag am 17. April des | |
nächsten Jahres soll zum zentralen Dreh- und Angelpunkt der | |
taz-Zukunftsstrategie werden: "Das Fest wird zum Anlass genommen, einen | |
Hausputz zu machen", sagte Bascha Mika und stellte den geplanten "Tu | |
was!?"- Kongress vor. 30 Jahre nach dem "Tunix-Kongress", aus dessen Mitte | |
heraus die taz geboren wurde, soll drei Tage lang Raum geboten werden, um | |
alternative Antworten auf zentrale Zukunftsfragen zu finden. Zudem soll zum | |
30. Geburtstag eine völlig neue taz-Wochenendausgabe an den Start gehen: | |
die sonntaz. Peter Unfried, stellvertretender Chefredakteur, präsentierte | |
bereits vorab die Grundzüge der neuen Ausgabe und betonte: "Die sonntaz | |
soll die Vertiefung und Diskussion für langfristig erdachte Themen | |
ermöglichen. Die taz soll über ihre 30 Lebensjahre hinaus eine tragfähige | |
Zukunft haben." | |
In diesem Sinne bedankte sich Klaudia Wick im Namen der Genossenschaft bei | |
allen Spendern für ihre großzügige Unterstützung der neuen taz Panter | |
Stiftung. Satte 680.000 Euro wurden bereits in die Stiftung eingezahlt, die | |
noch in diesem Monat gegründet wird. Auch sie soll ein Beitrag für die | |
Zukunft sein. Sie dient nicht nur der Finanzierung des Panter Preises, | |
sondern auch der taz Akadamie. Jungen JournalistInnen soll dort nicht nur | |
das Handwerk vermittelt werden, sondern auch ein anderes zentrales Element | |
des Berufes: eine Haltung. | |
JADRANKA KURSAR | |
15 Sep 2008 | |
## AUTOREN | |
Jadranka Kursar | |
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