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# taz.de -- Gentechnik auf dem Acker: Honig wird zu Sondermüll
> Imker Karl-Heinz Bablok muss seine Jahresernte in die
> Müllverbrennungsanlage bringen, weil sie mit Pollen von Genmais verseucht
> ist.
Bild: Imker demonstrieren vor dem Bayerischen Landtag in München gegen den Anb…
Karl-Heinz Bablok ist gewohnt, dass der Honig fließt. Doch in diesem Jahr
ist alles anders. Der Imker aus dem bayerischen Kaisheim im Landkreis
Donau-Ries hat seine Ernte, 340 Kilo Honig, zur Müllverbrennungsanlage nach
Augsburg gekarrt. Dort wurde sie verheizt. Anfangs ist Bablok ganz ruhig,
als er die Geschichte am Telefon erzählt. Am Schluss ist er richtig sauer.
Bablok ist der erste Imker, der verpflichtet wurde, seine Ernte zu
entsorgen, nachdem er den Honig in einem unabhängigen Labor auf Gentechnik
hatte testen lassen. Den Namen des Prüfinstituts nennt Bablok nicht. Es
wolle nicht öffentlich genannt werden, sagt er. Vier Gläser Honig hatte er
zur Untersuchung gebracht, die er aus dem großen Fass Honig in seinem
Keller befüllt hatte. In einem wurden Spuren von Blütenpollen entdeckt -
Blütenpollen von Genmais der Sorte Mon 810. Das habe er dem Veterinär im
Landratsamt mitgeteilt, der sonst auch seine Bienenstöcke kontrolliere.
Der Mais des US-Agrarkonzerns Monsanto ist nur als Tierfutter, nicht als
Lebensmittel zugelassen. Nicht die kleinste Spur von ihm darf auf den
Teller. So entschied das Augsburger Verwaltungsgericht schon im Mai diesen
Jahres, dass belasteter Honig vernichtet werden muss. Der Tierarzt ordnete
also an, den Honig zu entsorgen. Bablok: "Sie dürfen das auch nicht einfach
in den Müllcontainer schmeißen." Er musste einen Entsorgungsnachweis
liefern.
Schon lange warnen Imker davor, dass es mit dem Honig nicht zum besten
steht. Jahrelang machten den Bienen Ackergifte zu schaffen, dann Milben.
Nun werden Genpflanzen zum Problem. Bienen sammeln Nektar von mehreren
Millionen Blüten für ein Kilo Honig. In der Regel fliegen sie in einem
Radius von fünf Kilometern. Und sie unterscheiden nicht zwischen Blüten von
herkömmlichen und gentechnisch veränderten Pflanzen.
Dabei hat Bablok versucht, seine Bienen von Genpflanzen fern zu halten.
Zwei Kilometer entfernt von seinem Haus baut die Bayerische Landesanstalt
für Landwirtschaft Genmais an. In diesem Sommer hat der Imker seine 50
Bienenvölker deshalb umgesiedelt - weg aus der Umgebung der staatlichen
Gen-Äcker hin nach München in die Nähe des Englischen Gartens. Zudem
erntete er den Honig noch vor der Maisblüte.
Aller Aufwand hat nicht geholfen. Trotzdem tauchten in Babloks Honig die
fremdartigen Pollen auf. Bablok vermutet, dass das daher kommt, dass er
seine Völker in diesem Frühjahr mit überschüssigen Pollen aus dem letzten
Jahr gefüttert hatte. 2007 hatte er die Bienen aber nicht ins ferne Exil
verfrachtet und die Ernte auch nicht testen lassen, weil er sie gar nicht
verkaufen wollte. Die Analysen sind kostspielig. Und Bablok ist
Freizeitimker, einer von 80.000 in Deutschland.
Nun kommt ihn das Hobby teuer zu stehen. Bablok rechnet die Ausgaben für
2008 zusammen: Das Labor habe 746,73 Euro verlangt. Oben drauf kämen die
Kosten für den Umzug der Bienenstöcke und für die Entsorgung der Ernte.
Umsatz macht er keinen, der Ertrag fällt aus. "Das kostet mich zusammen an
die 10.000 Euro", sagt er. Ob er den Schaden von der Bayerischen
Landesanstalt ersetzt bekommt, sei ungewiss.
Lässt sich der Genpollen nicht herausschleudern? "Nein", sagt der Imker.
Die Regeln für Honig seien streng: "Sie können nicht einfach was
rausnehmen." Anhand der Pollen lässt sich die Herkunft des Honigs erkennen,
also seine Qualität. "Das ist doch alles nicht normal", sagt Bablok dann -
und meint CSU-Agrarminister Horst Seehofer.
Der erklärte seiner Klientel vor der Landtagswahl in Bayern, keiner müsse
sich an Gentechnik gewöhnen, er werde gentechnikfreie Regionen per Gesetz
absichern. Viele Bayern wollen dem lieben Gott nicht ins Handwerk pfuschen.
Auch andernorts sind Genpflanzen verschmäht: 22.265 Landwirte haben in 105
Regionen Deutschlands erklärt, auf Genpflanzen zu verzichten. Rechtlich
verbindlich ist das jedoch nicht. Und als die Grünen vor kurzem im
Bundestag den Antrag: "Gentechnikfreie Regionen stärken - Bundesregierung
soll Forderungen aus Bayern aufnehmen und weiterentwickeln" stellten,
wollen CDU-/CSU-Fraktion davon nichts wissen. Die Koalition vertagte das
Thema.
Bablok hat seine Bienen letzten Sonntag "winterdicht gemacht", wie er sagt.
Jetzt sei "Starre und bis Frühjahr Ruhe." Dann müssen sie wieder ran.
Bienen sind die drittwichtigsten Nutztiere des Menschen, nach Rind und
Schwein. Mit ihrer Bestäubung sorgen sie für satte Obst- und Gemüseernten.
Bablok: "Wenn es so weitergeht, muss ich mit den Bienen aufhören."
2 Oct 2008
## AUTOREN
Hanna Gersmann
## TAGS
Honig
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