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# taz.de -- Panik wegen Bankenpleite: Briten kaufen Juwelen
> Die Sparer trauen den eigenen Banken nicht mehr und wandern nach Irland
> ab, das eine Komplettgarantie für Spareinlagen abgibt.
Bild: Blingbling statt Sparbuch: Viele Briten fürchten panisch um ihre Ersparn…
DUBLIN taz Die Juweliere haben Hochkonjunktur. Vor den exklusiven Londoner
Geschäften bilden sich lange Schlangen, weil die Leute ihr Papiergeld in
Edelmetall umtauschen wollen. Da die eine Unze schwere Krügerrandmünze
billiger ist als eine Unze Gold, ist sie so gut wie ausverkauft. Seit dem
Kollaps der alteingesessenen Bank Bradford & Bingley in der vergangenen
Woche sind die Briten in Panik und versuchen, ihre Pennys zu retten. Bei
der Sparkasse National Savings and Investments gibt es am Telefon kein
Durchkommen mehr, wenn man ein Konto eröffnen will, und auch die Website
ist überlastet.
Mit einem "Patienten" verglich Großbritanniens neuer Handelsminister, der
bisherige EU-Kommissar Peter Mandelson, die wirtschaftliche Lage des
Landes. Diese sei sehr schlecht und müsse jetzt "stabilisiert" werden.
Tatsächlich sind das verarbeitende Gewerbe und die Industrie in den letzten
Jahren kaum noch gewachsen und machen nicht einmal mehr 30 Prozent der
Wirtschaftsleistung aus. Getragen wird das Land vom Dienstleistungssektor
und hier vor allem von den Banken. Nicht umsonst ist London der wichtigste
Finanzplatz Europas.
Doch die "Berichte aus den Krisengebieten" des Senders BBC kommen
inzwischen vor allem aus den Banken: 76,9 Prozent der Menschen mit
Sparguthaben machen sich Sorgen um die Zukunft ihres Geldinstituts. Sobald
ein Gerücht auftaucht, dass es einer bestimmten Bank demnächst an den
Kragen geht, setzt der Run ein. Und das beschleunigt deren Niedergang.
Und es gibt einen neuen Trend: Früher schickten die Iren, die in
Großbritannien einen Job gefunden hatten, einen Teil ihres Lohns nach
Hause. Jetzt sind es die Briten, die ihr Geld auf die Grüne Insel schicken.
Im Eilverfahren hat die irische Regierung nämlich ein Gesetz verabschiedet,
das sämtliche Spareinlagen bei irischen Banken für zwei Jahre garantiert.
Am Donnerstag unterzeichnete Präsidentin Mary McAleese die Neuregelung. Im
schlimmsten Fall wären 400 Milliarden Euro fällig - mehr als das Doppelte
des Bruttoinlandsprodukts und zehnmal so viel wie die derzeitige
Staatsverschuldung. Dabei gehört Irland neben Frankreich zu den ersten
Ländern der Eurozone, die sich inzwischen offiziell in einer Rezession
befinden.
Der britische Schatzkanzler Alistair Darling ist deshalb nicht gut auf
seine irischen Kollegen zu sprechen. Was nachvollziehbar ist. Denn
inzwischen hat eine regelrechte Geldstampede über die Irische See
eingesetzt. Die irischen Banken berichten, dass sie mehr als je zuvor mit
britischen Kunden zu tun haben. Auch Postsparbücher, die in
risikofreudigeren Zeiten belächelt wurden, sind schwer in Mode gekommen,
denn die britische Postbank gehört der Bank of Ireland.
Die Supermarktkette Tesco, die im ersten Halbjahr einen Gewinn von 1,45
Milliarden Pfund gemacht hat, will ebenfalls die Gunst der Stunde nutzen
und ins Bankgeschäft einsteigen. Den britischen Banken geht dagegen das
Geld aus, sie befürchten, dass nun auch noch das Pfund abstürzt, wenn die
Nation ihr Geld auf irischen Konten hortet.
Die britischen Banken hatten den Preis für Überziehungskredite schon vor
der Krise binnen zwölf Monaten um 10 Prozent erhöht; so manchem
Kleinunternehmen wurden die Darlehen nun ohne Vorwarnung gestrichen. Der
Preis für Eigentumswohnungen in nordenglischen Innenstädten wie Manchester,
Leeds und Birmingham ist um 40 bis 50 Prozent gefallen. Schatzkanzler
Darling will die Summe, die der Staat den Sparern garantiert, deshalb am
Dienstag von 35.000 auf 50.000 Pfund erhöhen, umgerechnet rund 64.000 Euro.
Das würde 98 Prozent der Sparkonten absichern - aber die restlichen 2
Prozent besitzen 40 Prozent aller Spareinlagen.
5 Oct 2008
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
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