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# taz.de -- Kommentar Krankenkassenbeiträge: Unerfreuliche Gegenrechnungen
> Die Regierung gibt den Krankenkassen, was sie bei Arbeitslosen spart -
> ein zynisches Modell.
Es ist eine wichtige Aufgabe der Politik, für das seelische Gleichgewicht
des sensiblen Sozialstaatsbürgers zu sorgen. Um 0,5 Prozent vom Bruttolohn
gehen die Beiträge zur Krankenkasse rauf - da soll es beruhigend wirken,
wenn die Abgaben für die Arbeitslosenkassen gleichzeitig um 0,5 Prozent
sinken. Plus/minus null, unterm Strich bleibt also alles beim Alten -
diesen Eindruck möchte die Regierung damit vermitteln. Nur leider täuscht
das prozentuale Gleichgewicht. Denn dahinter verbergen sich Verlagerungen,
die komplexer sind, als einfache Prozentrechnungen glauben lassen.
Vom Beitrag zur Arbeitslosenversicherung profitieren bekanntlich nur die
Empfänger des sogenannten Arbeitslosengeldes I. Es gibt immer weniger
Bezieher von Arbeitslosengeld I. Nicht nur wegen der besseren Konjunktur,
sondern auch, weil die Bezugsdauer dieser Sozialleistung für Ältere
zwischenzeitlich verkürzt wurde und weil es durch veränderte Vorbedingungen
schwieriger geworden ist, überhaupt Ansprüche auf Arbeitslosengeld I zu
erwerben.
Auch deshalb ist die Zahl der ALG-I-Empfänger in den letzten 10 Jahren um
mehr als die Hälfte gesunken. Die meisten Erwerbslosen beziehen heute
Arbeitslosengeld II, also Hartz IV. Das wird nicht aus Beiträgen zur
Arbeitslosenversicherung, sondern aus Steuermitteln bezahlt. Wegen dieser
Verschiebungen sparte die Bundesarbeitsagentur viel Geld. Da ist es leicht,
die Beiträge auf 2,8 Prozent abzusenken, wenn auch nur befristet. Weit
entfernt sind wir damit von den 6,8-Prozent-Beiträgen, die noch 1991 in die
Arbeitslosenkasse zu zahlen waren - damals übrigens ohne viel Gejammere.
Es sind also nicht zuletzt die Hartz-Gesetze, die es ermöglichen, dass
quasi von der Arbeitslosen- in die Krankenkasse umgeschichtet wird.
Hartz-IV-Empfänger haben übrigens auch nichts von der Anhebung des
Kindergeldes, da dieses ja auf die Sozialleistungen angerechnet wird.
Zynisch könnte man sagen: Die Arbeitslosen finanzieren die höheren
Einkommen der Ärzte. Es wäre besser gewesen, die Politik hätte genau diese
Gegenrechnung nicht nahegelegt. BARBARA DRIBBUSCH
7 Oct 2008
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
Barbara Dribbusch
## TAGS
Schwerpunkt Armut
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