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# taz.de -- Bankenkrise: Der Berliner hat die Ruhe weg
> Die Bankenkrise hat Deutschland erreicht. Ganz Deutschland? Die Berliner
> bleiben ziemlich cool. Nur 17 Prozent von ihnen haben Aktien. Vier
> Momentaufnahmen aus dem Alltag mit der Bankenkrise.
Bild: Arm aber sexy. Bei der Sparkasse blieb es am Montag ruhig
Keine Panik am Bankschalter
An den Schaltern der Geldinstitute herrscht am Montag Business as usal. Von
einer Verunsicherung ist nichts zu spüren. Nicht einmal ein besonderer
Andrang ist zu beobachten.
Wenn es Schlangen gibt, dann vor den Geldautomaten. Aber das ist der
Mittagszeit geschuldet. Die Frage, ob sie Angst um ihr Geld haben,
quittieren die meisten Kunden mit Kopfschütteln. "Das wird sich alles
wieder einpendeln", antwortet eine Studentin vor der Sparkasse am
Alexanderplatz. Auch ein Rentnerpaar aus Thüringen bekundet gut gelaunt:
"Die Angela und die Sparkasse werden das schon schaukeln."
Diese Äußerungen könnte man damit erklären, dass es über die Sparkasse
zurzeit allenthalben heißt, sie sei vergleichsweise sicher. Aber auch vor
der Hypovereinsbank in der Friedrichstraße, zu der die angeschlagene Hypo
Real Estate gehört, ist die Stimmung gelassen. Nein, er mache sich keine
Sorgen, gibt ein Historiker zu Protokoll. Als langjähriger Kunde habe er
bei der Hypo schon viele Vorstandschefs gehen sehen. Er halte es wie die
Rheinländer: "Wenn die aus dem 56. Stock fallen, sagen die immer noch, geht
schon gut." Auch bei der Postbank am Tempelhofer Ufer ist von Panik keine
Spur. Es gebe kaum besorgte Nachfragen, sagt eine Angestellte.
Doch es gibt auch andere Szenen. Aus der Dresdner Bank in Mitte, die mit
dem Slogan wirbt "Hier wächst Ihr Kapital", stürmt ein Rentnerpaar. "Das
ist Turbokapitalismus pur", schimpfen der 77-jährige ehemalige DDR-Bürger
und seine Frau über die Machenschaften von Politik und Banken. Die beiden
haben in der Bank gerade ihr Konto aufgelöst. Und was geschieht nun mit dem
Geld? "Noch haben wir es nicht in den Händen", sagt der Mann. "Es wird
überwiesen." Überwiesen? Antwort: "Zum nächsten Banditen." PLU
Berliner Banker bleiben cool
Während in Frankfurts Bankenviertel auf dem Börsenparkett derzeit der Bär
tobt, ist in Berlin zwar keine Bullenstimmung angesagt, zumindest aber
zeigen sich die meisten Anleger gelassen. "Die Berliner reagieren bislang
sehr besonnen", sagte ein Sprecher der Deutschen Bank in Berlin. "Ich
konnte bislang keine überstürzten Verkäufe feststellen."
"Natürlich gibt es vermehrt Informationsbedarf im Kundengespräch", sagte
die Sprecherin der Berliner Sparkasse. Aber auch sie bestätigt, dass es
bislang nicht zu Panikabhebungen gekommen ist. Die Geldabhebungen "liegen
insgesamt im normalen Rahmen". Sie weist darauf hin, dass Einlagen bei
Instituten wie der Sparkasse ohnehin komplett abgesichert sind. Tatsächlich
könne die Sparkasse sogar zusätzliche Einlagen verzeichnen, so die
Sprecherin. Angesichts der risikoreichen Kursschwankungen auf dem
Börsenparkett habe bei den Anlegern vor allem das klassische Sparbuch in
der Gunst wieder zugelegt. "Es ist derzeit die beliebteste Geldanlage."
Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur der Zeitschrift Finanztest, bewertet
die Lage für Anleger etwas differenzierter. "Was ich meiner Bank auf dem
Spar- oder dem Tagesgeldkonto anvertraut habe, ist sicher", bestätigte auch
der Finanzexperte. Und wer mit einem Horizont von zehn Jahren und länger in
Aktien investiert hat, könne ebenfalls entspannt die weitere
Marktentwicklung abwarten. Denn so lange werde die Finanzmarktkrise nicht
anhalten. Doch Aktienanleger, die akut auf das Geld angewiesen sind,
müssten schon herbe Verluste hinnehmen.
In Berlin betrifft dies aber nur wenige: Laut einer Umfrage der Berliner
Sparkasse verfügen gerade einmal 16 Prozent der Berliner Anleger überhaupt
über Aktien und Termingelder. FLEE
Kein Boom am Häuslemarkt
Der Vertrauensverlust der Berliner Girokontenbesitzer, Sparer oder
Kleinanleger in die Banken hat bisher nicht zu großen Verschiebungen auf
dem Geldmarkt etwa in Richtung Immobiliensektor geführt.
Nach Aussage der Sprecherin der LBS, Krawe, hat es "ganz vereinzelt" die
Beobachtung gegeben, dass Sparer ihre Girokonten oder Einlagen bei der
Bausparkasse der Sparkasse in Bausparverträge umwandelten. "Beim Bausparen
befindet man sich in einem geschlossenen Kreislauf, der wenig Risiken
beinhaltet", so die Sprecherin. Es sei möglich, dass die Sparer hier
weniger Gefahren für ihr Kapital sehen als für jenes auf Konten oder in
Sparbüchern.
Auch andere Immobilienberatungsunternehmen sehen keinen Run auf den
Immobiliensektor, weil dieser möglicherweise mehr Sicherheiten oder gar
Rendite versprechen könnte. Die Turbulenzen auf den Finanzmärkten, sagt
Sascha Hettrich vom in Berlin ansässigen Immobilienanalysten King Sturge
Deutschland, wirkten sich auf das Mietwachstum - etwa im Bürosegment - "nur
auf einem reduzierten Niveau und in verlangsamter Form" aus. Voraussetzung
für eine richtige Belebung der Investitionsnachfrage in Berlin bringe erst
die "Normalisierung" der Kreditmärkte und des Bankensektors.
Überhaupt hat die Finanzkrise auf die Berliner Immobilienwirtschaft wenig
Auswirkungen. "Seit letztem Jahr agieren fast ausschließlich langfristig
orientierte Immobilienfonds in Berlin", sagt Roman Heidrich. Er wertet den
Berliner Immobilienmarkt beim Beratungsunternehmen Jones Lang Lasalle aus.
Anders als die opportunistischen Investoren wüssten diese, wie man mit
Immobilien umgehe. Sie setzen auf klassische Mieteinnahmen statt auf das
schnelle Geschäft, so Heidrich. ROLA
Sponsoren wollen weiter zahlen
"Kultur ist Sache der Länder", heißt es. Das wird sich so bald auch nicht
ändern. Doch der finanzielle Anteil privater Geldgeber, Sponsoren und
Förderer an Kunst- und Kulturprojekten wächst in Berlin beständig. Ohne
deren Geld wäre manche Ausstellung, Oper oder denkmalgerechte Sanierung
nicht zu machen. Denn sie haben viel Geld - und werden dieses trotz
Finanzkrise weiter haben und geben können.
Überlegungen der Sponsoren in der Berliner Kulturlandschaft, wie Peter
Dussmann, Nikolas Berggruen und Hans Wall, wegen der Geldmarktkrise ihr
Engagement zurückzufahren, "gibt es nicht", so Steffen Ritter von Dussmann
oder Samuel Czarny von der Berggruen Holding GmbH. Die Unternehmen wollten
ihre Zusagen und "langfristigen Verträge" erfüllen. Es gebe auch keinen
Grund, an deren Liquidität und familiärem Hintergrund zu zweifeln. Wer hat,
der hats eben. Die 30 Millionen Euro für die Staatsoper sind sicher. ROLA
7 Oct 2008
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Bausparkasse
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