Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Entlassung von 17 uigurischen Muslimen: Guantánamo-Häftlinge frei
> Gegen den Widerstand der Bush-Regierung ordnet ein Bundesrichter die
> Freilassung von 17 uigurischen Muslimen und deren Überstellung in die USA
> an.
Bild: Die Gefangene dürfen ihre luftigen Zelle verlassen.
BERLIN taz | Zum ersten Mal in der siebenjährigen Geschichte der
Rechtsstreits um das US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba hat ein
Bundesrichter gegen den Willen der Regierung die Freilassung von Gefangenen
und deren Überstellung in die USA angeordnet. Es gebe keinerlei Beweise
dafür, dass die 17 chinesischen Muslime, die der ethnischen Minderheit der
Uiguren angehören, "feindliche Kämpfer" gewesen seien und ein
Sicherheitsrisiko für die USA darstellten, urteilte Richter Ricardo Urbina
am Dienstag in Washington.
Die Uiguren, denen vorgeworfen wurde, in terroristischen Ausbildungslagern
gewesen zu sein, waren 2001 in Pakistan gefangengenommen und 2002 nach
Guantánamo überstellt worden. Zwar hatte auch die US-Regierung zugegeben,
keine weiteren Vorwürfe gegen sie zu erheben und insofern ihrer Freilassung
zugestimmt, wehrt sich jedoch heftig gegen ihre Freilassung auf US-Gebiet.
Da die Uiguren jedoch in China Verfolgung zu fürchten hätten, kommt ihre
Überstellung ins Heimatland nicht infrage. Deshalb werden sie, so das
Urteil, zumindest vorläufig in die Obhut von Unterstützergruppen und
uigurischen Familien in Washington freigelassen.
Die 17 Männer, ordnete der Richter an, seien ihm am kommenden Freitag
persönlich im Gerichtssaal vorzustellen. Dort werde er ihre Freilassung
verfügen. Der Richter beruft sich dabei auf ein viel beachtetes
Grundsatzurteil des Obersten Gerichtshofs vom Juni diesen Jahres, nach dem
auch die Gefangenen in Guantánamo das Grundrecht auf Habeas Corpus haben,
also das Recht auf richterliche Überprüfung der Grundlagen ihrer
Verhaftung.
Die Regierung unter Präsident George W. Bush - im Einklang mit Kandidat
John McCain - hatte schon gegen dieses Urteil heftigste Bedenken geäußert.
Es sei eines der "schlimmsten Fehlurteile" der Geschichte des Obersten
Gerichtshofs, hatte es geheißen. Kein Wunder, dass Weißes Haus und
Justizministerium auch jetzt scharfe Geschütze gegen das Urteil von Richter
Urbina aufzufahren versuchen. Im Justizministerium arbeitet man bereits an
einem Antrag auf eine einstweilige Anordnung, um die Überstellung der
Gefangenen zu verhindern - sehr zum Missfallen des Richters Urbina, der der
Regierung jahrelange Verzögerungs- und Verschleppungstaktiken vorwarf. Es
sei jetzt an der Zeit, dass die Gerichte wieder für Verfassungsmäßigkeit
sorgten, sagte er.
"Ich gehe nicht davon aus, dass diese Uiguren von irgendeinem Mitglied der
US-Regierung behindert werden", sagte Richter Urbina scharf. "Ich bin ein
Bundesrichter, und ich habe einen Beschluss erlassen." Er ließ keinen
Zweifel daran, dass er das unbefristete Festhalten der Gefangenen ohne
Anklage für verfassungswidrig und verboten hält.
Für das Justizministerium hingegen ist die Freilassung auf US-Gebiet
ungesetzlich. Das Urteil begründe "ernsthafte Sorgen über die nationale
Sicherheit und die Gewaltenteilung", heißt es. Nur Präsident Bush habe die
Autorität, den Männern die Einreise in die USA zu gestatten, hatte das
Ministerium in den vorangegangenen Anhörungen argumentiert.
8 Oct 2008
## AUTOREN
Bernd Pickert
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.