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# taz.de -- Betrug an der Supermarktkasse: Kartenleser funkt nach Pakistan
> Die Manipulation von Kartenlesegeräten wird stetig schlimmer: In England
> wurden nun Supermärkte entdeckt, deren Kassen Kreditkartennummern und
> Bankdaten nach Pakistan funkten.
Bild: Kunden bezahlten wie üblich mit Kreditkarte und PIN, mussten später mus…
BERLIN taz Kriminelle, die offenbar aus asiatischen Ländern stammen, haben
einen der größten Kreditkartenraubzüge der letzten Jahre begangen, in dem
sie die Kartenlesegeräte zahlreicher europäischer Supermärkte
manipulierten. Wie das Wall Street Journal unter Berufung auf amerikanische
Sicherheitskreise meldet, soll der Schaden bei 50 bis 100 Millionen Dollar
liegen, könnte aber noch deutlich größer ausfallen. In Großbritannien waren
unter anderem die Filialnetze von Wal-Mart und Tesco betroffen. Kunden
bemerkten von alledem zunächst nichts: Sie bezahlten wie üblich mit
Kreditkarte und PIN. Später mussten sie jedoch feststellen, dass Kriminelle
hohe Geldbeträge abgehoben hatten, Internet-Bestellungen vornahmen oder
Flugtickets auf fremde Namen kauften.
Laut Sicherheitsspezialisten sollen insgesamt "Hunderte" Kartenleser
betroffen sein. Sie wurden neben Großbritannien auch in Irland, Dänemark,
den Niederlanden und Belgien entdeckt. Der Vorfall hat nicht nur wegen der
Anzahl veränderter Geräte eine neue Dimension, sondern auch, weil noch
unklar ist, wo die Manipulationen tatsächlich vorgenommen wurden. Womöglich
erfolgten sie gar "ab Werk" oder bei Zwischenhändlern; alle betroffenen
Geräte wurden in China hergestellt. Von außen lassen sich keine
Veränderungen erkennen. Einziger Unterschied zu "sauberen" Kartenlesern:
Die manipulierten Einheiten wiegen rund 100 Gramm mehr. Spezialisten
überprüften daraufhin laut "Wall Street Journal" Tausende Geräte in ganz
Europa mit Feinwaagen und öffneten diejenigen, die ihnen dabei auffielen.
Hinter dem Coup stecken offenbar kleine, intelligente Banden, die höchst
professionell arbeiten. "So etwas hätten vor einigen Jahren nur
Geheimdienste erreicht", kommentierte ein US-Experte.
Die verwendete Technik der Diebe geht äußerst clever vor. Sie besteht aus
einer kleinen Platine, die hinter der Haupttechnikeinheit des Kartenlesers
versteckt ist. Im Einsatz werden nicht etwa alle Kartennummern
mitgespeichert - das Gerät ist so eingestellt, dass es beispielsweise nur
jede zehnte Nutzung oder nur Platin-Karten von Visa überträgt, die
besonders lohnenswert sind. Die Daten werden dann über einen eingebauten
Mobilfunkteil regelmäßig an eine Telefonnummer im pakistanischen Lahore
gesendet - in kleinen Paketen zu maximal zehn Nummern. Entdeckt wurde die
Manipulation durch Supermarktmitarbeiter, die Störgeräusche auf ihren
Handys wahrnahmen, als sie sich in der Nähe der Geräte befanden - in diesem
Moment sendete der Kartenleser seine Beute gerade.
In Deutschland war es bereits zu ähnlichen Manipulationen an Kartenlesern
gekommen, allerdings liefen diese weniger professionell und leichter
entdeckbar ab: Gauner waren dazu in Baumärkte eingebrochen, um
Lauscheinheiten an den Geräten zu befestigen, die keinem Kunden auffielen.
Besonders beliebt sind hier zu Lande außerdem Veränderungen an
Geldautomaten: Dazu befestigen Kriminelle Kameras und Lesegeräte während
ruhiger Zeiten an den Geräten und warten dann am nächsten Tag darauf, dass
unbedarfte Kunden ihr Geld abheben.
Kontodaten und PINs werden dann "geskimmt", wie es in der Fachsprache
heißt. Anschließend werden die gewonnenen Informationen auf eine
Blankokarte übertragen, um damit dann im europäischen Ausland Geld
abzuheben, wo Karten nicht auf ihre Echtzeit überprüft werden. Die an den
Automaten zur Manipulation verwendeten Komponenten und Aufsätze werden
dabei immer professioneller und schwerer erkennbar. Dass sie bei ihren
Raubzügen möglicherweise von Kameras erfasst werden, macht den vermummten
Gangstern wenig aus: Die Videos werden oft erst dann überprüft, wenn sie
ihre "Skimmer" längst abgebaut haben. Zwar lassen sich Geldautomaten gegen
solche Manipulationen schützen - etwa mit speziellen Detektoren. Doch sind
bislang in Deutschland noch genügend Geräte im Einsatz, denen die mehrere
Hundert bis Tausende Euro teure Technik fehlt. Verbraucherschützer glauben,
es sei für Banken derzeit noch billiger, ihrer Kundschaft den Schaden zu
ersetzen, anstatt die Geräte aufzurüsten.
13 Oct 2008
## AUTOREN
Ben Schwan
## TAGS
Kreditkarte
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