# taz.de -- Von Moskau schwer zu kontrollieren: Freiheitsliebende und begnadete… | |
> Ihr Kampfeinsatz war legendär, und sie spielten eine unrühmliche Rolle | |
> bei der Expansion des russischen Imperiums | |
Bild: Vasiliy Surikov, Yermaks Eroberung von Sibirien, 6 Meter breites Gemälde… | |
Die Kosaken, deren Name aus dem Türkischen stammt und so viel wie "freie | |
Menschen" oder "Abenteurer" bedeutet, siedeln sich im 16. Jahrhundert am | |
unteren Lauf des Don an, um sich dem Zugriff der russischen Staatsmacht zu | |
entziehen. Als Grenzwachen, Verteidiger von Städten und Handelsposten gegen | |
Überfälle von Tataren, werden sie ab der zweiten Hälfte des 16. | |
Jahrhunderts zu einer wichtigen Kraft in der Region am Don. Zwar sind sie | |
militärisch und wirtschaftlich durchaus von Moskau abhängig, bleiben aber | |
trotzdem weiterhin politisch autonom. | |
In der Folgezeit spielen die Kosaken eine bedeutende, mitunter unrühmliche | |
Rolle bei der Expansion des russischen Imperiums, in zahlreichen russischen | |
Kriegen sowie bei Pogromen gegen Juden und der gewaltsamen Niederschlagung | |
von Aufständen. Moskau versucht die freiheitsliebenden und begnadeten | |
Reiter unter Kontrolle zu bekommen. | |
So werden ab Mitte des 18. Jahrhunderts die bis dahin von ihren Heeren | |
gewählten Kommandeure, die Atamane - bei den Kosaken der höchste | |
militärische Rang - von der russischen Regierung ernannt. Zudem werden die | |
Kosakenverbände ins russische Militär integriert und dessen Angehörigen im | |
Rang gleichgestellt. Darüber hinaus erhalten die Kosaken besondere | |
Privilegien, wie beispielsweise die Befreiung von Steuern. 1802 stellen die | |
Kosaken acht Kavallerie-Regimenter. | |
Auch Napoleon I., 1812 bei seinem Russlandfeldzug vernichtend geschlagen, | |
zeigt sich von der Kampfesstärke der Einheiten zu Pferde beeindruckt. "Die | |
Kosaken sind die besten leicht bewaffneten Truppen, die existieren. Wenn | |
ich sie in meine Armee aufnähme, würde ich mit ihnen durch die ganze Welt | |
ziehen", soll er gesagt haben. Am Ersten Weltkrieg, 1914-1918, nehmen die | |
Kosaken mit 57 Kavallerie-Regimentern, das heißt, mit rund 100.000 Reitern | |
teil. Während des Russischen Bürgerkrieges, 1917/18-1920, der auf die | |
Oktoberrevolution folgt, kämpft ein Teil der Kosaken aufseiten der | |
antibolschewistischen "Weißen Armee". | |
Von 1,5 Millionen Donkosaken fallen der anschließenden Politik der | |
sogenannten Entkosakisierung (Raskazachivanje) nach Schätzungen von | |
Historikern zwischen 300.000 und 500.000 Menschen zum Opfer. Die | |
angestammten Gebiete der Kosaken - nach mehreren Aufstandsversuchen ab 1920 | |
wieder fest in der Hand der Sowjetmacht - verlieren ihre | |
Verwaltungsautonomie und werden mit Menschen aus anderen Teilen der | |
Sowjetunion besiedelt. | |
Die Hungerkatastrophe im Zuge der Zwangskollektivierung der Landwirtschaft, | |
1932-1934, fordert auch unter den Kosaken zahlreiche Menschenleben. 1936 | |
werden die Kosaken-Einheiten wieder in die Rote Armee integriert. | |
Im Zweiten Weltkrieg greifen einige Verbände der Kosaken als 15. | |
SS-Kosaken-Kavallerie-Korps an der Seite der Nazitruppen in das Geschehen | |
ein. Diese, rund 40.000 bis 50.000 Personen, ergeben sich nach der | |
deutschen Niederlage den Briten, werden aber an die Sowjetunion | |
ausgeliefert. Die Politik der Perestroika unter Michail Gorbatschow ab 1985 | |
nährt bei den Kosaken neue Hoffnungen auf ein Wiederaufleben ihrer | |
nationalen Traditionen. Ein Gesetz von 1988 ermöglicht die | |
Wiederherstellung früherer Heere sowie die Bildung neuer Einheiten. In den | |
folgenden Jahren sind Kosaken-Verbände gemeinsam mit russischen Truppen an | |
bewaffneten Auseinandersetzungen in Konfliktregionen auf dem Gebiet der | |
ehemaligen Sowjetunion beteiligt - so in Transnistrien, Abchasien, | |
Südossetien und Tschetschenien. | |
2005 verabschiedet das russische Parlament auf Initiative des damaligen | |
Präsidenten Wladimir Putin ein Gesetz über "den Staatsdienst der russischen | |
Kosaken". Darin werden die Kosaken nicht nur als eigene ethnokulturelle | |
Einheit, sondern darüber hinaus auch als starker Militärverband offiziell | |
anerkannt. | |
17 Oct 2008 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
## TAGS | |
Reiseland Russland | |
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