| # taz.de -- Mehr als nur ein touristisches Gesicht: Ein Country-Club für die Z… | |
| > Der Tourismus soll im Rostower Gebiet angekurbelt werden. Zwar gibt es | |
| > hier Natur satt, aber es fehlt an Infrastruktur und Kapital. | |
| Bild: Rostow am Don, Cafe Stanitca | |
| Hobbybotaniker, Tierfreunde und Naturbegeisterte dürften in der Umgebung | |
| der südrussischen Stadt Rostow am Don, die 1.226 Kilometer von der | |
| Hauptstadt Moskau entfernt liegt, auf ihre Kosten kommen. Im gleichnamigen | |
| Gebiet, das eine Fläche von 100.800 Quadratkilometern umfasst und knapp | |
| über vier Millionen Einwohner hat, finden sich drei ausgewiesene | |
| Naturschutzgebiete, deren vielfältige Flora und Fauna ihresgleichen suchen. | |
| Das 1995 gegründete und 9.500 Quadratkilometer große Rostower | |
| Naturschutzgebiet ist der einzige Steppen-Naturpark im europäischen Teil | |
| Russlands und gilt unter Experten oder solchen, die sich dafür halten, als | |
| echtes Eldorado. So sind hier unter anderem Saiga-Antilopen, Dromedare, | |
| Büffel, Lamas, Kängurus, Strauße, Pelikane und Kraniche in freier Natur zu | |
| beobachten. Eine besondere Attraktion sind rund 400 Wildpferde, die, unter | |
| ganz natürlichen Bedingungen und gänzlich verschont von menschlicher | |
| Einmischung, auf einer kleinen Insel im Manytsch-Gudilo-See leben. Von den | |
| 410, teils extrem seltenen Pflanzenarten,stechen vor allem weitläufige | |
| Felder mit Tulpen ins Auge. Die Blumen in kraftvollem Rot, die jedes Jahr | |
| nur drei Wochen lang im Frühling blühen, können problemlos mit den | |
| Niederlanden konkurrieren. | |
| „Die Natur ist aber nur eins unserer touristischen Gesichter“, sagt die | |
| stellvertretende Ministerin für Wirtschaft, Handel, internationale und | |
| außenwirtschaftliche Beziehungen des Rostower Gebiets, Anna Palagina. So | |
| seien im Land am Don so große russische Schriftsteller wie Anton Tschechow | |
| und Michail Scholochow (“Der stille Don“) genauso beheimatet wie die | |
| Donkosaken mit ihrem reichen kulturellen Erbe und ihrer wechselhaften | |
| Geschichte. Überzeugt von den noch längst nicht ausgeschöpften | |
| Möglichkeiten und dem Potenzial in der Region, sind Anna Palagina und ihre | |
| Mannschaft fest entschlossen, aus dem Rostower Gebiet einen attraktiven | |
| Touristenstandort zu machen. | |
| Im Rahmen eines Programms zur Entwicklung des Tourismus, das seit dem | |
| ersten Januar 2008 in Kraft und zunächst auf drei Jahre angelegt ist, | |
| stehen dafür im Haushalt des Rostower Gebietes 189 Millionen Rubel (rund | |
| 5,3 Millionen Euro) zur Verfügung. Mit diesen Mitteln sollen unter anderem | |
| historische Orte wie die frühere Kosakenhauptstadt Starotscherkassk | |
| restauriert, Reiseleiter ausgebildet und in Fremdsprachen geschult sowie | |
| Investoren steuerlich gefördert werden. Besonders von Investoren erhofft | |
| sich Anna Palagina den entscheidenden Sprung nach vorn. Im Gespräch für die | |
| kommenden Jahre sind 40 Projekte mit einem Gesamtwert von 12 Milliarden | |
| Rubel (339,8 Millionen Euro) - darunter ein Kongresszentrum, Aquaparks und | |
| Hotels mit einer Gesamtkapazität von 1.600 Betten. | |
| Dabei schrecken die Investoren selbst vor größenwahnsinnig anmutenden | |
| Plänen nicht zurück. So unterzeichnete die US-Firma Troon Golf mit der | |
| Gebietsverwaltung im vergangenen Frühjahr einen Vertrag über den Bau eines | |
| turniertauglichen Golfplatzes nebst Country-Club und Fünf-Sterne-Hotel im | |
| Wert von umgerechnet 8,8 Millionen Euro. Gebaut werden soll die Luxusanlage | |
| für die Schönen und Reichen ausgerechnet nur wenige Kilometer entfernt von | |
| Starotscherkassk. | |
| Schon jetzt bezweifeln Experten die Rentabilität der Anlage und erachten | |
| das vorgesehene Areal als gänzlich ungeeignet für den Bau derartiger | |
| Stätten. Doch allen künftigen Investitionen zum Trotz: Das größte Problem | |
| ist derzeit noch die mangelhafte Infrastruktur. So sind viele, vor allem | |
| kleinere Orte auch mit geländegängigen Fahrzeugen kaum zu erreichen. „Aus | |
| eigener Kraft werden wir diese Schwierigkeiten nicht bewältigen können. Wir | |
| sind auf Gelder aus dem nationalen Haushalt in Moskau angewiesen“, sagt | |
| Anna Palagina. Doch ob und wann die kommen, steht in den Sternen. | |
| 17 Oct 2008 | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Oertel | |
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| Reiseland Russland | |
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