# taz.de -- Kommentar Wind- und Atomkraft: Wasser den Berg hinauf | |
> Die Atomwirtschaft versucht, ihren Strom jederzeit ins Netz drücken zu | |
> können - und sei es, um Wasser zu pumpen. | |
Der Ausbau der Windkraft erfordere den Ausbau von Pumpspeicherkraftwerken, | |
um für ausgleichend Strom zu sorgen, so heißt es. Bei starkem Wind pumpen | |
die Anlagen Wasser den Berg hinauf und verbraten dabei überzähligen Strom. | |
Bei Flaute jagen sie das Wasser wieder über die Turbinen hinunter. Klingt | |
plausibel. | |
Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Fakt ist: Windkraft in großem Stil und | |
Atomkraft passen technologisch nicht zusammen. Wo beides aufeinander | |
trifft, braucht man einen Ausgleich - zum Beispiel Pumpspeicherwerke. | |
Folglich kann man mit der gleichen Berechtigung, wie derzeit die Windkraft | |
als Grund für die Baupläne im Hotzenwald herhalten muss, auch die Atomkraft | |
als Grund nennen: Hätte man nämlich flexible Gaskraftwerke statt | |
unflexibler Atomkraftwerke am Netz, bräuchte man die neuen Staubecken | |
nicht. | |
Vor zwei Wochen etwa blies der Wind in Deutschland so stark, dass der Strom | |
morgens im Großhandel der Strombörse zu negativen Preisen "verkauft" wurde. | |
Denn die Atomkraftwerke speisten ungerührt mehr als 13.000 Megawatt ein und | |
schufen damit einen Überschuss. Weil es nicht möglich ist, die Meiler | |
kurzfristig deutlich runterzufahren, legten die Erzeuger den Abnehmern des | |
überflüssigen Stroms sogar noch einen Zehntel Cent pro Kilowattstunde | |
drauf. | |
Unabhängig von atomaren Risiken und der ungeklärten Entsorgung des | |
Atommülls: Auch aus technischer Sicht ist Atomkraft mit einem modernen - | |
also regenerativ geprägten - System der Stromerzeugung nicht kompatibel. | |
Und da die Windkraft nicht mehr aufzuhalten ist, brauchen wir flexible | |
Kraftwerke, die gegenläufig zu den erneuerbaren Energien gefahren werden | |
können. | |
Vor diesem Hintergrund muss die Debatte um die Pläne der Schluchseewerke | |
geführt werden. Der schwerwiegende Eingriff in die Natur des | |
Südschwarzwalds ist nicht der Tribut an eine ökologische Stromwirtschaft. | |
Sondern der verzweifelte Versuch der Atomwirtschaft, ihren Strom jederzeit | |
ins Netz drücken zu können - und sei es, um Wasser zu pumpen. | |
21 Oct 2008 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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