Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Tempelhof: Abschiedsparty: Sag zum Abschied lauthals Servus
> Tempelhof feiert ein letztes Mal.
Bild: Zwei Antonow-Doppeldecker warten auf den Abtransport
Dirk Prehn blickt etwas verwirrt drein. In der einen Hand hält er ein
gefülltes Weizenbierglas, in der anderen den Griff seines Rollkoffers. "Ich
hatte mich schon gewundert, dass in Mannheim am Abflugschalter so viel los
war", sagt er. "Aber dass ich hier mitten in eine Party hineinplatze?" Der
Unternehmer, der von der Schließung Tempelhofs nichts gewusst hat, sucht
sich einen Stehtisch im vorderen Bereich der Abflughalle, stellt sein Bier
ab -und beschließt zu bleiben.
Prehn ist einer der wenigen Gäste, die die exklusive Abschiedsgala am
Donnerstagabend als Erfolg verbuchen. Vor dem Flughafengebäude
demonstrieren im strömenden Regen Tempelhof-Anhänger. "Tempelhof bleibt,
Wowi fliegt", skandieren sie und fordern den Unesco-Welterbe-Status für das
Gebäudeensemble.
Jede "very important person" muss sich auf dem Weg zum Party-Eingang
beschimpfen und ausbuhen lassen. Drinnen hält der Regierende Bürgermeister
eine Rede, die Nachrichtenagenturen als emotionslos bezeichnen. Als Klaus
Wowereit die Flughafenschließung zum jetzigen Zeitpunkt verteidigt, buhen
auch die geladenen Gäste. Kurz, aber immerhin. Bei der Erinnerung an die
Alliierten applaudieren sie.
Wowereit verschwindet hernach auffallend schnell - genauso wie viele
andere. Am noblen Buffet, serviert auf den stillstehenden Gepäckbändern,
haben sie noch Schlange gestanden: Lachs und Shrimps, französischen
Hirschkeulenbraten, Haselnussspätzle und Pariser Schokoladentorte will sich
keiner entgehen lassen. Schon als die letzte Linienmaschine kurz nach 22
Uhr in Richtung Mannheim abhebt, haben sich die Tische in der Halle aber
merklich gelichtet.
Das Double von Elvis im Endstadium und das Tina-Turner-Imitat trällern
bereits vor spärlichem Publikum. Und den Gewinner des RTL-Talentwettbewerbs
"Supertalent", Ricardo Marinello, will kurz vor Mitternacht kaum einer mehr
hören - trotz "time to say goodbye".
Dabei ist der 19-Jährige der Höhepunkt des Abends. Er singt den letzten
zwei Maschinen, die jemals Tempelhof verlassen sollten, einen Abschied
hinterher.
Dann holt ein Mädchen die Flughafenfahne ein, ein Trompeter bläst laut
Agentur "Gruftmelodien". Um 23.55 Uhr hebt eine Junkers Ju 52 zeitgleich
mit einem "Rosinenbomber" in Richtung Schönefeld ab. Die fünf
Demonstranten, die es auf das Rollfeld geschafft haben, pusten in ihre
Trillerpfeifen. Die vor Kälte bibbernden Gäste gehen zurück ins
Flughafengebäude, holen sich ihre Jacken und fahren nach Hause. Die Lichter
auf der Rollbahn erlöschen.
Dirk Prehn liegt zu dieser Zeit wohl längst im Bett. Nach dem zweiten
Weizenbier hat er das Fest verlassen und ist ins Hotel gefahren. Er wollte
vor dem Schlafengehen unbedingt noch seine Rückreise nach Mannheim klären.
"Das war überhaupt meine erste Frage, wie komme ich denn dann zurück, wenn
Tempelhof dicht ist?"
Er fliegt am Freitag ab Tegel zurück. KRISTINA PEZZEI
1 Nov 2008
## AUTOREN
Kristina Pezzei
## ARTIKEL ZUM THEMA
Tempelhof: Letzter Linienflug: Tempelhof, Allgäu, Tempelhof
Der letzte Linienflug mit der Germania, der am Donnerstag in Tempelhof
startete und wieder landete, sollte eigentlich etwas Besonderes für die
Fluggäste werden. Am Ende kam vieles anders als erwartet.
Tempelhof: Doppeldecker vergessen: Auf dem Rollfeld vergessen
Nach der Schließung von Tempelhof müssen drei Flieger mit Lkw weggebracht
werden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.