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# taz.de -- BKA-Gesetz durch den Bundestag: Schäubles Hundertprozent-Polizei
> Der Aufschrei von Juristen und Ärzten schert die Große Koalition nicht:
> Das BKA wird künftig auch Mittel einsetzen dürfen, die bisher nur dem
> Geheimdienst erlaubt waren.
Bild: Künftig um ein paar Befugnisse reicher: das Bundeskriminalamt.
BERLIN taz Trotz massiver Kritik wird das Bundeskriminalamt künftig wie
eine Superpolizeibehörde mit geheimdienstlichen Befugnissen arbeiten
dürfen. Der Bundestag verabschiedete am Mittwochabend mit den Stimmen der
großen Koalition das entsprechende BKA-Gesetz.
26 SPD-Abgeordnete verweigerten dem Lieblingsvorhabens von
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) allerdings ihre Zustimmung.
Trotzdem reichte die Mehrheit der Großen Koalition.
Stimmt kurz vor Weihnachten auch der Bundesrat zu, wird ab Januar 2009
somit das wohl umstrittenste Sicherheitsgesetz der letzten Jahre in Kraft
treten.
Bislang war das BKA nur zur Verfolgung bereits begangener Straftaten
zuständig. Durch das Gesetz mit seinen insgesamt 24 neuen Paragrafen erhält
es erstmals präventive Befugnisse. Weit im Vorfeld einer konkreten Tat soll
die Bundespolizei damit terroristische Gefahren abwehren.
Die Kritiker auch aus den Reihen der SPD-Fraktion fürchten, die
grundgesetzlich vorgeschriebene Trennung der Arbeit von Polizeibehörden und
Geheimdiensten werde dadurch verwischt. Sie war nach den Erfahrungen mit
dem nationalsozialistischen Sicherheitsapparat in der Verfassung verankert
worden.
Besonders die in Paragraf 20k festgehaltene Möglichkeit zur heimlichen
Durchsuchung von Computer-Festplatten, die Online-Durchsuchung, wird von
Juristen und Bürgerrechtlern angegriffen. Da das Ausspähen in Eilfällen
auch ohne richterliche Anordnung möglich sein soll und bei der Auswertung
der Dateien statt Richtern zwei BKA-Beamte definieren sollen, was privat
und was verfahrensrelevant ist, sehen sie die Gefahr einer systematischen
Verletzung des privaten Kernbereichs.
Weitere Ermittlungsmethoden, wie Rasterfahndung, Wohnraumüberwachung und
Lauschangriff ermöglichen dem Bundeskriminalamt eine Rundumüberwachung von
Terrorverdächtigen.
FDPler und Grüne wollen klagen
Der Ex-Bundesinnenminister und Anwalt Gerhart Baum (FDP) sowie die
Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, hatten schon
vor der Abstimmung angekündigt, gegen das Gesetz beim Verfassungsgericht in
Karlsruhe klagen zu wollen.
Innenminister Schäuble wiederum argumentiert, dass das BKA in Zukunft
lediglich Befugnisse erhalte, die sämtliche Landeskriminalämter längst
besitzen. Trotz der Befürchtungen, die Bundespolizei könne aufgrund seiner
besseren Ausstattung die Möglichkeiten häufiger und aggressiver nutzen,
hält Schäuble sein Vorhaben "zu hundert Prozent" für grundgesetzkonform,
wie er am Mittwoch betonte.
Neben Bürgerrechtlern opponieren allerdings auch Ärzte und Journalisten
gegen die neue Superpolizeibehörde. Denn nach dem neuen Gesetz müssen sie
bei großer Gefahr Details über ihre Patienten und Informanten preisgeben.
Abgeordnete, Seelsorger und Strafverteidiger hingegen werden weiterhin das
volle Zeugnisverweigerungsrecht genießen.
Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe verurteilte das "Zwei-Klassen-System"
von Berufsgeheimnisträgern. Das BKA-Gesetz sei ein "Angriff auf die
Bürgerrechte, die ärztliche Schweigepflicht und das
Patient-Arzt-Verhältnis", schrieb Hoppe in einer Mitteilung.
Erst in der vergangenen Woche hatten sich die beiden Regierungsparteien auf
einen Gesetzestext geeinigt. An der grundsätzlichen Ausrichtung wurde
nichts mehr geändert. Lediglich einzelne Paragrafen wurden konkretisiert.
So soll künftig bei der Sichtung von heimlich ausgespähten Dateien der
Datenschutzbeauftragte des Bundeskriminalamts teilnehmen. Zudem soll der
Nutzen des Gesetzes nach fünf Jahren wissenschaftlich untersucht werden.
12 Nov 2008
## AUTOREN
Veit Medick
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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