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# taz.de -- Trinkwasser-Skandal in NRW: Umweltminister gerät unter Druck
> Im Mai brachten Mitarbeiter von NRW-Umweltminister Uhlenberg (CDU) einen
> Kritiker ihres Chefs in Untersuchungshaft. Jetzt zeigt sich: Die Vorwürfe
> sind haltlos.
Bild: NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) präsentierte sich als der Sau…
DÜSSELDORF taz Er hatte immer vor den Gefahren gewarnt. Jahrelang hatte
Harald Friedrich darauf hingewiesen, dass das Trinkwasser aus der Ruhr mit
krebserregenden perfluorierten Tensiden (PFT) verseucht sei - und trotzdem
an Millionen Haushalte geliefert werde. Doch plötzlich wanderte der
damalige Abteilungsleiter im nordrhein-westfälischen Umweltministerium im
Mai für 22 Tage in Untersuchungshaft. Und sein Chef, Umweltminister Eckhard
Uhlenberg (CDU), schien fein raus.
Doch jetzt wendet sich das Blatt. Uhlenberg ist unter Druck. Die Indizien
verdichten sich, dass er politischen Druck auf die Justiz ausgeübt hatte,
um seinen Kritiker Friedrich mundtot zu machen. Von den Vorwürfen gegen den
ehemaligen Abteilungsleiter ist jedenfalls nicht viel übrig geblieben. Der
zuständige Wuppertaler Oberstaatsanwalt Ralf Meyer gibt sich inzwischen
vorsichtig. "Bestenfalls Marginalien" könne er Friedrich nachweisen, so
Meyer zur taz. Peinlich ist Meyer auch der im Haftbefehl angeführte
Vorwurf, der 56-Jährige habe "gewerbsmäßig und als Mitglied einer Bande"
gehandelt: "Nein, nein, da ist nichts dran." Selbst noch laufende Verfahren
wegen Untreue und Betrugs könnten "in wenigen Wochen" eingestellt werden.
Inzwischen hat sich die Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft in die
Ermittlungen eingeschaltet. Und der Blick in die Ermittlungsakte dürfte die
Düsseldorfer erschüttert haben: Die Dokumente, in die die taz umfassend
Einsicht nehmen konnte, machen klar, wie hochrangige Mitarbeiter Uhlenbergs
immer wieder Einfluss auf die Ermittlungen nahmen - allen Beteuerungen des
Ministers zum Trotz.
So berichtete der für Disziplinarmaßnahmen zuständige Referatsleiter des
Umweltministeriums dem Landeskriminalamt im Juli 2006, Friedrich habe
"wissenschaftliche Forschungsaufträge mit einem Volumen von rund 2,1 Mio.
Euro unter Missachtung der einschlägigen Vergaberichtlinien an die RWTH
Aachen bzw. private Institute vergeben". Die Ministerialrätin Dorothea
Delpino hatte schon im Juni ausgesagt, ihr ehemaliger Vorgesetzter habe
sich für die Auftragsvergabe "ein hochwertiges Laptop" liefern lassen. Und
Uhlenbergs Staatssekretär, Alexander Schink, traf sich zu einer
"Dienstbesprechung" mit Oberstaatsanwalt Meyer und zwei Herren vom LKA
gleich direkt im Ministerium.
Es könnten also genau diese Treffen und Vorwürfe gewesen sein, die für
Friedrich im Mai die fatalen Konsequenzen brachten und den Umweltminister
über den Trinkwasser-Skandal retteten. Korruption und Bestechlichkeit hatte
die Staatsanwaltschaft Wuppertal dem promovierten Chemiker Friedrich und
zwölf weiteren Beschuldigten, darunter Professoren der Universitäten Aachen
und Bochum, vorgeworfen. 270 Beamte hatten Wohn-, Instituts- und
Geschäftsräume in bundesweit 45 Objekten durchsucht. Friedrichs Telefon
wurde abgehört. Belauscht wurden dabei nicht nur Journalisten, sondern auch
der parlamentarische Geschäftsführer der grünen Landtagsfraktion, Johannes
Remmel. Ohne Kontrolle habe Friedrich Forschungsmittel in Höhe von 60
Millionen Euro an immer gleiche Hochschuleinrichtungen und Institute
vergeben, so der Verdacht der Ermittler damals. Einen Schaden von
mindestens 4,3 Millionen Euro habe der Vertraute Höhns Nordrhein-Westfalen
so zugefügt.
Umweltminister Uhlenberg pocht bis heute darauf, von politischer
Einflussnahme seines Hauses könne keine Rede sein. "Ungeheuerlich" seien
entsprechende "Behauptungen" seiner grünen Amtsvorgängerin Bärbel Höhn, die
sie jüngst in einem Fernsehmagazin wiederholt hatte. Keiner seiner
Mitarbeiter habe Strafanzeige wegen zweckwidriger Mittelverwendung oder gar
Korruption gestellt, verteidigt sich Uhlenberg.
Der Minister müsste es besser wissen: Denn in der Ermittlungsakte findet
sich auch ein Schreiben seines Staatssekretärs Schink. "Unter allen
denkbaren strafrechtlichen Aspekten" erstattet Schink damit "Strafanzeige
gegen Herrn Dr. Friedrich".
22 Nov 2008
## AUTOREN
Andreas Wyputta
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