# taz.de -- Kommentar: In der Mitte der Gesellschaft | |
> Ein Weihnachtsmarkt für Leute ohne Geld gehört an einen Platz im Zentrum. | |
Bild: Kein sozialer Weihnachtsmarkt: Auf dem Gendarmenmarkt muss man Eintritt b… | |
Eine schöne Idee: Die Veranstalter der Sozialmärkte wollen im nächsten Jahr | |
einen großen Weihnachtsmarkt für Arme organisieren. Nun suchen sie nach | |
einem zentralen Ort dafür. Es ist ein bisschen wie in der | |
Weihnachtsgeschichte: Die Mittellosen ziehen von Tür zu Tür, um einen Platz | |
zu finden, an dem sie bleiben können. Aber die meisten Plätze sind schon | |
besetzt - von denen, die dafür zahlen können. Klingt nach Pathos und | |
Rührstück. Trotzdem ist was dran. | |
Soll die "soziale Stadt" nicht bloß Floskel sein, muss sich die Politik | |
daran messen lassen, ob sie für den Sozialmarkt einen Ort im Herzen der | |
Stadt findet. Schließlich stehen die Sozialmarkt-Verkäufer und ihre Kunden | |
für eine große Gruppe in der Bevölkerung. Jeder vierte Berliner verdient | |
weniger als 900 Euro netto. Eine Entscheidung für den Pariser Platz zum | |
Beispiel wäre auch ein Signal: Diese Leute und ihre Bedürfnisse haben ihren | |
Ort in der Mitte der Gesellschaft. Sie sollen sichtbar sein - und nicht an | |
den Rand gedrängt werden. | |
Noch etwas: Ein Markt für Arme bringt zwar keine Einnahmen, stärkt aber den | |
sozialen Frieden in der Stadt - was mit Geld nicht aufzuwiegen ist. Die | |
zuständigen Stadträte für die Sondernutzung des Straßenlandes sollten die | |
Anfragen deshalb ernst nehmen. Im Zweifelsfall muss auch der Senat ein | |
politisches Machtwort sprechen. | |
In der Erzählung aus Bethlehem wird am Ende der Heiland geboren. Die | |
Berliner Weihnachtsgeschichte ist keine Erlösergeschichte. Aber wenn | |
Arbeitslose eine sinnvolle Beschäftigung finden und Arme beim Einkaufen mal | |
nicht auf das Geld schauen müssen, ist das schon eine gute Sache. Und hat | |
mit Weihnachten wohl mehr zu tun als all die Glühweinstände und | |
Bratwurstbuden zusammen. | |
28 Nov 2008 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
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