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# taz.de -- Dokureihe auf Arte über Christentum: Kampf dem Knopp
> "Die Apokalypse" ist eine in der Wahl der filmischen Mittel radikal
> reduzierte und überraschend kurzweilige Dokureihe über den Aufstieg des
> Christentums.
Bild: In zwölf Folgen erklärt die Reihe den Weg von der Sekte zur Weltreligio…
Nach einem üppigen elsässischen Mittagessen mit reichlich Wein kamen zwei
Arte-Redakteure in Straßburg zurück in ihre Redaktion und beschlossen:
Kampf dem Knopp! Lass uns eine TV-Serie in Auftrag geben, die allem
widerspricht, was der populäre ZDF-Zeitgeschichtler seit Jahrzehnten für
historische Dokumentationen im Fernsehen an Standards in unsere Köpfe
gepflanzt hat. Das heißt: kein Nachspielen historischer Szenen, keine
Kamerafahrten über die Trümmer historischer Orte, keine wackeligen
Originalbilder und keine dramatisierende Musik! Gesagt, getan. Und heraus
kam - die Apokalypse!
Nun, wahrscheinlich hat es dieses Mittagessen der beiden Redakteure nie
gegeben - die Fernsehserie "Die Apokalypse" aber gibt es. Sie ist ab
Mittwoch in zwölf (!) jeweils 50-minütigen Teilen bei Arte zu sehen. Und
sie ist so etwas wie ein Manifest der Anti-Knoppianer. Wer sie anschaut,
kommt aus dem Staunen nicht heraus. Denn die zwölf Dokumentationen über die
ersten Jahrhunderte des Christentums nach dem Tod Jesu sind so radikal in
ihrem Ansatz, ihrer Bildsprache und Dramaturgie, dass man es anfangs kaum
glaubt. Zu sehen sind nämlich in insgesamt 600 Minuten nichts anderes als
50 mehr oder weniger alte Theologen, meist Männer, die vor der Kamera etwas
erzählen.
Interviews, Interviews, Interviews. Dazu ab und zu eine Kamerafahrt über
eine alte Bibel oder Landkarte, zu Beginn der jeweiligen Folgen ein paar
undefinierbare Geräusche als Einstieg und ein paar Aufnahmen der Hände der
interviewten Gelehrten - das wars! Die Macher vertrauen hundertprozentig
darauf, dass dies ausreicht, um zu fesseln: das Gesagte, vielleicht auch
die Gesichtslandschaften der Interviewten, die Emphase ihrer Mimik, die
meist sparsame Gestik und ihre Erzählkraft. Und das bei einem Thema, das
normalerweise nicht gerade als Quotenbringer bekannt ist: Theologie und
Kirchengeschichte!
Und: Funktioniert es? Das Verrückte ist: Ja! Wer den ersten Schock über den
etwas snobistischen Purismus verarbeitet hat, kommt langsam in den Groove,
in einen Sog, der durchaus vergleichbar ist mit zunächst ähnlich sperrigen
Dauerfolgen wie "Kriminaldauerdienst" oder "24". Das klappt nur, weil die
Montage der Aussagen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler so
elegant ist, dass ihre Einzelberichte praktisch nahtlos in eine große
Erzählung münden - selten kommt es zu Widersprüchen und Wiederholungen (Und
schlimm sind diese nicht, im Gegenteil).
Das Ganze klappt, weil die Bilder bei "Apokalypse", wie bei großem Kino,
eben im Kopf entstehen. Und dass der Serie dies gelingt, spricht für die
Meisterschaft der Regisseure Gérard Mordillat und Jérôme Prieur. Es spricht
aber auch für das Thema, den Aufstieg einer verfolgten, winzigen jüdischen
Sekte am Rande des römischen Imperiums zu einer Weltreligion.
So ist am Ende ein Triumphzug zu beobachten, der anfangs mehr als
unwahrscheinlich war. Zugleich ist aber auch die Serie selbst ein Triumph:
ein Sieg des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, das sich und seinen Auftrag
ernst nimmt - und auf die voraussichtlich unterirdischen Quoten souverän
pfeift.
3 Dec 2008
## AUTOREN
Philipp Gessler
## TAGS
Fernsehserie
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