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# taz.de -- Sensationelle Ausgrabung: Römer fitter als gedacht
> Bei Kalefeld im Kreis Northeim ist ein römisch-germanisches Schlachtfeld
> aus dem dritten Jahrhundert entdeckt worden. Die Ausgrabungen könnten
> Konsequenzen für die Geschichtsschreibung haben.
Bild: Wenn die Römer mal so richtig aufmarschierten, hatten die Germanen auch …
Die Schlacht im Teutoburger Wald gilt als ein wichtiger Wendepunkt der
europäischen Geschichte. Im Jahre 9 n. Chr. mussten die römischen Truppen
unter Statthalter Varus eine vernichtende Niederlage gegen den
Cheruskerfürsten Arminius und seine germanischen Heerscharen einstecken.
Drei Legionen mit rund 20.000 Mann wurden in verlustreichen Kämpfen
aufgerieben, die wenigen überlebenden Römer retteten sich an den Rhein. Das
Ende der römischen Herrschaft im heutigen Norddeutschland war besiegelt,
wenige Jahre später gab Kaiser Tiberius die Romanisierung Germaniens auf.
Ein Teil dieser Geschichte muss möglicherweise neu geschrieben werden, denn
im niedersächsischen Kreis Northeim haben Archäologen ein Schlachtfeld aus
dem dritten Jahrhundert entdeckt. "Das Areal war der Schauplatz eines
Gefechts zwischen Germanen und Römern", sagt Kreisarchäologin Petra Lönne.
Die Wissenschaftlerin spricht von einem "Sensationsfund". Es sei "das
bisher am besten erhaltene antike Schlachtfeld", das "faszinierende
Einblicke in ein dramatisches Kampfgeschehen" erlaube.
Northeims Landrat Michael Wickmann sagte, der Fund beweise entgegen den
bisherigen Annahmen, dass die Römer auch 200 Jahre nach der Varusschlacht
noch zu groß angelegten Militäroperationen in Germanien fähig gewesen
seien.
Dabei sieht das Waldstück in der Nähe des Kalefelder Ortsteils Wiershausen
gar nicht nach Sensationsfund aus. Nur einige Dutzend Markierungsstangen,
rot-weißes Absperrband und Papierstücke mit Nummern deuten darauf hin, das
Archäologen hier gegraben haben. Mehr als 600 Fundstücke, zum größten Teil
Waffen, haben Lönne und ihre Kollegen vom Niedersächsischen Landesamt für
Denkmalpflege in den vergangenen vier Monaten zu Tage gefördert. Um Räuber
abzuhalten, wurden die Arbeiten vor der Öffentlichkeit geheim gehalten. Als
einer von wenigen war Kalefelds Bürgermeister Edgar Martin eingeweiht. Er
berichtete gestern von "Speerspitzen mit DNA-Material", die gefunden worden
seien. Ebenso wie Reste von Hölzern, deren Ursprung in Afrika liege und die
für Pfeile verwendet wurden. "Es ist sogar höchstwahrscheinlich, dass es
damals Schießereien mit Katapulten gegeben hat", sagte Martin.
Ihren "Jahrhundertfund" haben die Archäologen wohl einem Zufall zu
verdanken. Vor acht Jahren entdeckte ein Spaziergänger auf dem jetzt als
historisches Schlachtfeld identifizierten Gelände einen Gegenstand. Erst im
vergangenen Sommer wurde der Mann mit dem Stück bei Kreisarchäologin Lönne
vorstellig, die darin ein Werkzeug aus der Römerzeit erkannte und Grabungen
einleitete. Nach Angaben von Bürgermeister Martin wurde bislang ein
sechsstelliger Euro-Betrag für die Erforschung des Geländes ausgegeben. Um
herauszufinden, ob die Römer in der Nähe des Schlachtfeldes auch ein Lager
unterhalten haben, wurden sogar Flugzeuge mit Spezialkameras eingesetzt.
Sie wurden jedoch nicht fündig.
In den vergangenen Jahren waren im Nachbarkreis Göttingen bereits ein
großes Lager des römischen Heeres sowie mehrere Nebenlager entdeckt worden.
Dort wurden ebenfalls zahlreiche Waffen sowie Münzen, Schmuck und
Gebrauchsgegenstände gefunden. Das ursprünglich mit Erdwällen, Gräben und
Palisaden befestigte Areal auf einer Anhöhe über dem Werratal bei
Hedemünden hatte der römische Feldherr Drusus vor rund 2000 Jahren als
Versorgungs- und Marschlager für seine Legionen genutzt. Von dort aus
unternahm der Schwiegersohn des Kaisers Augustus mehrere Feldzüge gegen die
Germanen Richtung Elbe.
Die Gemeinde Hedemünden, auf deren Gebiet das frühere Versorgungslager
liegt, hat den Fund inzwischen touristisch genutzt und bietet unter anderem
Führungen zu dem Lager an. Ähnliches schwebt nun auch Kalefelds
Bürgermeister Martin vor. Er rechnet damit, dass der "archäologische
Jahrhundertfund" seiner Gemeinde, die etwas verloren zwischen den
Ausflugsgebieten Harz und Weserbergland liegt, in den kommenden Jahren
zahlreiche Besucher bescheren wird.
11 Dec 2008
## AUTOREN
Reimar Paul
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