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# taz.de -- Folgen der Epidemie: Simbabwe in Zeiten der Cholera
> Erbrechen und Durchfall in Simbabwes Kliniken: Für die vielen Kranken
> werden Zelte errichtet. Aber die offizielle Zahl von rund 800 Toten ist
> untertrieben.
Bild: Mit Schubkarre auf dem Weg ins Krankenhaus: Cholerakranke in Harare
HARARE Die Poliklinik von Budiriro in Simbabwes Hauptstadt Harare war schon
so gut wie geschlossen, weil medizinisches Personal und Medikamente rar
geworden waren. Jetzt kommen hier täglich hunderte von Menschen an, und in
Zelten auf dem Gelände liegen die Cholerakranken.
Mercy Musa, eine 23-jährige Grundschullehrerin, wurde sofort nach ihrer
Ankunft mit Desinfektionsmitteln eingesprüht und an den Tropf gehängt.
Durchfall und Erbrechen hat sie schon hinter sich. Zahlreiche Bewohner des
umliegenden Wohnviertels Glen View sind schon gestorben, erzählt sie.
"Letzte Woche starben ein Vater und seine Tochter am gleichen Tag. Die
Tochter war krank, der Vater ignorierte die Warnungen, besuchte sie und
steckte sich an."
Einen Tag später wird Mercy Musa schon wieder nach Hause geschickt, mit
Chlortabletten des UN-Kinderhilfswerks Unicef zur Desinfizierung des
Trinkwassers. Ein Unicef-Team fuhr sie nach Hause und sprühte das ganze
Haus samt Bewohnern ein. Sie ist froh, wieder zu Hause zu sein. "Da waren
hunderte von Leuten, die einen kotzten, die anderen rannten aufs Klo, und
wieder andere lagen einfach auf dem Boden herum. Ich dachte nicht, dass ich
überlebe."
Budiriro war Mitte August der Ausgangspunkt der dramatischen
Choleraepidemie, die in Simbabwe offiziell knapp 800 Tote und real wohl ein
Vielfaches gefordert hat. Bis zu 100.000 Menschen in allen Teilen des
Landes sind bereits erkrankt, und die Seuche greift auch auf die
Nachbarländer über. In vielen ländlichen Gebieten werden die Toten nicht
registriert. Sogar die Toten aus den Städten werden oft aufs Land
geschmuggelt und in Gärten begraben, weil den meisten Menschen offizielle
Beerdigungen zu teuer sind.
Die Epidemie ist der Endpunkt des Zusammenbruchs der sanitären
Infrastruktur im Land. Schon seit langem gibt es keine Müllabfuhr mehr,
fließendes Wasser wird immer seltener, die Kanalisation wird nicht mehr
instand gehalten, und immer mehr Menschen leben in der Nähe von offen durch
die Straßen fließenden Abwässern. Die meisten der drei Millionen Einwohner
Harares haben seit einem Jahr kein fließendes Wasser. In den reichen
Vierteln pumpen Menschen Wasser aus Bohrlöchern und verkaufen es gegen
US-Dollar oder südafrikanische Rand. In den ärmeren graben die Leute
einfach selbst Löcher oder sammeln Wasser aus stehenden Gewässern. Immer
mehr Menschen in Harare laufen permanent mit Plastikcontainern herum, falls
sie irgendwo zufällig Wasser zum Verkauf sehen.
Wie immer macht die Regierung von Präsident Robert Mugabe den Westen
verantwortlich. "Die Choleraepidemie ist eine ernst zu nehmende
biologische, chemische Kriegsführung, ein Angriff auf die Bevölkerung von
Simbabwe durch die Briten", tönte gestern Informationsminister Sikhanyiso
Ndlovu. Gesundheitsminister David Parirenyatwa sagt: "Die Regierung sollte
den Notstand ausrufen, um alle Ressourcen gegen die Epidemie zu
mobilisieren." Beobachter fordern seinen Rücktritt.
Weil in weiten Teilen des Landes alle staatlichen Gesundheitszentren
dichtgemacht haben und die Straßen nicht mehr passierbar sind, ist der
Kampf gegen die Epidemie schwierig. Die Länder des südlichen Afrikas und
humanitäre Hilfswerke haben Medikamente, Wasserentkeimungstabletten und
Fachkräfte geschickt. Medizinische Teams sind unterwegs, um die Menschen
darüber aufzuklären, wie man sich gegen Cholera schützt. Chlortabletten
werden verteilt und Angehörige von Toten mit Schutzkleidung versorgt.
Doch bei Begräbnissen die Leichen nicht anzurühren und den Hinterbliebenen
nicht die Hände zu reichen widerstrebt vielen Menschen. Einige christliche
Sekten predigen ihren Jüngern sogar, sich zu verstecken, wenn die Ärzte
kommen, weil medizinische Behandlung dem Willen Gottes widerspreche. "Wir
glauben, dass nur Gott die Menschen heilen kann, also geben wir unseren
Patienten nur heiliges Wasser", sagt ein Mitglied der Johanne Marange
Apostolic Church. "Niemand entkommt dem Tod, egal ob er Medikamente nimmt."
In den Städten sind die Menschen aufgeklärter. Munya Kanengoni in Glen View
erinnert sich, wie sechs Angehörige ihrer Familie erkrankten - und alle
überlebten, dank der Behandlung in Budiriro. "Innerhalb weniger Stunden
hatten wir alle Durchfall, und weil wir im Radio von Cholera gehört hatten,
eilten wir zur Klinik", sagt sie. "Ich bete, dass diese Art von Hilfe im
ganzen Land zur Verfügung steht."
13 Dec 2008
## AUTOREN
Godfrey Karoro
## TAGS
Simbabwe
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