# taz.de -- Hells Angels vor Gericht: Die Höllenengel von Hannover | |
> Am Montag beginnt der Prozess gegen 14 Hells Angels in der | |
> Landeshauptstadt. Während die Polizei die Rocker in Hannover zur | |
> organisierten Kriminalität rechnet, werden sie von Lokalpresse und | |
> Stadtgrößen geradezu hofiert. | |
Bild: Größtes Chapter der Hells Angels in Deutschland: jenes aus Hannover. Di… | |
22. März 2006, an einer Autowerkstatt in Stuhr bei Bremen lauern sie den | |
fünf Bandidos auf: Sie bearbeiten die Rocker mit Axtstielen, fesseln sie, | |
überkleben ihre Augen und lassen sie schwer verletzt zurück. Wenn am | |
kommenden Montag in Raum 127 des Landgerichts Hannover der Prozess gegen 14 | |
Mitglieder der Bremer Hells Angels beginnt, ist von den Angeklagten wenig | |
Neues zu erwarten: Die Rocker dürften sich an ihren Ehrenkodex halten: Zu | |
den Vorwürfen, gemeinschaftlicher schwerer Raub und schwere | |
Körperverletzung, ist Schweigen zu erwarten. | |
Der Prozess zwischen den verfeindeten Rockertruppen sollte ursprünglich am | |
Landgericht in Verden stattfinden. Dass er aus Platzgründen in die | |
Landeshauptstadt verlegt wurde, lenkt das Augenmerk auf das mit rund 50 | |
Mitgliedern größte "Chapter" der Hells Angels in Deutschland, die | |
Höllenengel von Hannover: Die Polizei stuft die Akteure des Rockerclubs als | |
höchst kriminell ein. Dennoch haben sie sich seit ihrer Gründung 1999 | |
zumindest mit freundlicher Rückendeckung von Lokalpresse und City-Prominenz | |
etabliert. | |
Zu seinen "Herrenabenden" lädt Anwalt Götz von Fromberg neben seinem alten | |
Kanzleikumpel Gerd Schröder so auch gerne den Chef der Hells Angels in | |
Hannover ein, Frank Hanebuth. Von Fromberg, für die Hannoversche | |
Allgemeinen Zeitung (HAZ) ein "Staranwalt", vertritt den ehemaligen Boxer | |
und "König des Steintors" auch gerne vor Gericht. | |
Hanebuth und seine Jungs haben das Rotlicht- und Partyviertel an der Leine | |
im Griff. Die HAZ lobt den 1,96-Meter-Mann, der 2001 wegen Körperverletzung | |
zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde, für seine "mehr als | |
erfolgreiche Wiedereingeliederung". Das Landeskriminalamt bringt die Rocker | |
dagegen mit Drogen, Menschenhandel und Zuhälterei in Verbindung. HAZ und | |
Neue Presse feiern Hanebuths Angels gerne als Helden ab, die dem Steintor | |
die Sicherheit gebracht hätten, die den Kiez "Erblühen" lasse. "Wer in der | |
Stadt etwas machen will, der fragt die Stadt, der fragt die Polizei und der | |
fragt Frank Hanebuth", schrieb die HAZ nicht ohne Respekt. Die Höllenengel | |
sind in Hannover gesellschaftsfähig geworden: Ihr "Präsident" Hanebuth hält | |
die Meile "sauber", dafür lassen ihn die Stadtoberen wirken. | |
Dabei haben viele Angels ein ungeklärtes Verhältnis zu Gesetz und Gewalt: | |
Ein alter Kumpel Hanebuths ist Markus "Maxe" W. Der "Secretary" der Hells | |
Angels in Hannover ist als der "Schläger von Lens" bekannt. Vor zehn Jahren | |
schlug er während der Fußballweltmeisterschaft in Frankreich den Polizisten | |
Daniel Nivel zum Krüppel. | |
Angels-"Präsident" Hanebuth kümmert sich darum, dass seine "Members" einen | |
Job haben. W., der vor 2002 aus dem Gefängnis entlassen wurde, managt auch | |
in diesem Jahr für die Angels die "Tatoo-Convention", eine Tätowiermesse, | |
auf der auch rechte Szeneläden ihr Angebot präsentieren. | |
Andere Mitglieder des "Chapter" von Hannover arbeiten als "Wirtschafter" in | |
einem der Bordelle im Steintor, Männer seiner Sicherheitsfirma "Bodyguard | |
Security" stehen vor den Türen von Diskotheken im Kiez. Sie sichern den | |
Eishockey-Verein Scorpions, bewachen von Fromberg, Schlagerparaden und | |
Steintor-Partys. Hanebuth selbst ist Herr über ein unübersichtliches | |
Firmengeflecht - es könnten Waschanlagen für das Geld aus unlauteren | |
Geschäften sein, mutmaßt der Weser Kurier. So vermarktet Hanebuths Steintor | |
Event GmbH Halli-Galli-Aktionen wie die "Fête de la nuit" im Kiez, ihm | |
selbst gehören eine Bar und ein Striplokal. Der 44-Jährige soll zudem an | |
mehreren Immobilien im Rotlichtbezirk beteiligt sein, angeblich hat er | |
Strohmänner in weiteren Sicherheitsunternehmen installiert. Auch die | |
"Original 81 Vertriebsgesellschaft mbH" soll zu Hanebuths Imperium gehören. | |
Hier wird "Unterstützerware" für die Angels verkauft: Whiskey, Feuerzeuge | |
und "Pussy-Driver"-Likör. "81" steht für den achten und den ersten | |
Buchstaben im Alphabet, "HA" - die Initialen der Hells Angels. | |
Das niedersächsische Landeskriminalamt hat inzwischen eine eigene | |
Ermittlungsgruppe, die "EG 1 Prozent" eingerichtet, die sich um | |
Rockerkriminalität kümmert. Der Name erklärt sich so: Die Motorradfahrer | |
weisen gerne darauf hin, dass 99 Prozent der Angels gesetzestreu seien und | |
nur ein Prozent zu den Kriminellen gehöre. Neben den Angels rechnen die | |
Ermittler auch die Bikerclubs Bandidos, Gremium und Outlaws zum Dunstkreis | |
der organisierten Kriminalität. Es geht häufig um Erpressung, Zuhälterei | |
oder Nötigung - Frank Hanebuth hält sich da natürlich stets zurück. | |
12 Dec 2008 | |
## AUTOREN | |
Kai Schöneberg | |
## TAGS | |
Hells Angels | |
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