# taz.de -- Steinkohlekraftwerk Moorburg: Kein Imageschaden durch Klimakiller | |
> Vattenfall muss den Kohlendioxidausstoß des Steinkohlemeilers Moorburg | |
> vermindern. Der kann aber technisch gar nicht nachgerüstet werden, gibt | |
> der Hamburger Senat zu. Naturschützer wollen dem Kraftwerk das Elbwasser | |
> abgraben. | |
Bild: In seinen Genehmigungsunterlagen wackelt so einiges: der werdende Steinko… | |
Eine Abscheidung von Kohlendioxid (CCS-Technik) im Steinkohlekraftwerk | |
Hamburg-Moorburg wird es mit großer Wahrscheinlichkeit nicht geben. Das | |
geht aus der Antwort des Hamburger Senats auf eine große Anfrage der | |
SPD-Fraktion in der Bürgerschaft hervor. Ob und wie dieses Verfahren auf | |
Moorburg anwendbar sei, "ist derzeit nicht abzusehen", heißt es in der | |
Antwort. CCS (Carbon Dioxide Capture and Storage) steht für die Abtrennung | |
und Endlagerung von CO2, das bei der Verbrennung fossiler Energieträger wie | |
Kohle oder auch Öl entsteht. | |
SPD-Umweltpolitikerin Monika Schaal ahnt Böses. Denn in einem Vertrag mit | |
dem damaligen CDU-Senat am 14. November 2007 habe Kraftwerksbetreiber | |
Vattenfall zugesagt, so Schaal, dass "wenn das Verfahren technisch | |
ausgereift sei, es auch in Moorburg zur Anwendung kommen soll". Das | |
Kraftwerk ist wegen seines Ausstoßes von mehr als acht Millionen Tonnen CO2 | |
im Jahr als "Klimakiller" politisch heftig umstritten. | |
Vattenfall wolle Moorburg mit einer CO2-Abscheideranlage "frühestmöglich | |
nachrüsten", bekräftigte hingegen Unternehmenssprecherin Sabine Neumann am | |
Sonntag auf Nachfrage. Es werde sich vermutlich aber um eine andere | |
Technik, die "nachgeschaltete Rauchgaswäsche" (Post-Combustion), handeln. | |
Dieses Verfahren werde zurzeit in Pilotanlagen in Norwegen und Dänemark | |
erprobt. "Wir wollen das wirklich machen", beteuert Neumann, "sonst hätten | |
wir doch einen hohen Imageschaden." | |
In dem Vertrag mit dem Senat hatte Vattenfall zugesichert, das Kraftwerk | |
mit der CCS-Technik nachzurüsten, "sobald dies technisch, rechtlich und | |
wirtschaftlich möglich ist". Anderenfalls würden Strafzahlungen von bis zu | |
10,5 Millionen Euro an die Stadt fällig. Bis Ende 2013 sollten Anträge | |
eingereicht und spätestens drei Jahre nach Genehmigung der Bau beginnen. | |
Aus Unterlagen von Vattenfall ergebe sich jedoch, heißt es jetzt in einem | |
Bericht des Umweltausschusses zu diesem Thema, "dass CO2-Abscheideranlagen | |
frühestens im Jahr 2020 realisierbar seien". Und in seiner Antwort an die | |
SPD räumt der Senat ein: "Bestehende Kraftwerke können nach jetzigem | |
Kenntnisstand mit dieser Technologie nicht nachgerüstet werden." Schaal | |
fallen da "jede Menge neuer Fragen" ein. Sie kündigt an, "bei diesen | |
Punkten präzise und detailliert nachzubohren". | |
Und die tatsächliche Höhe der klimaschädlichen CO2-Emissionen ist nicht der | |
einzige wackelige Punkt in den Genehmigungsunterlagen für den | |
Steinkohlemeiler. Denn parallel plant Vattenfall, in das Elbestauwerk | |
Geesthacht ein Wasserkraftwerk einzubauen und am nördlichen Ufer eine | |
Fischtreppe anzulegen. Dieses Vorhaben muss gestoppt werden, fordern nun | |
Naturschützer aus allen sieben Bundesländern an der Elbe von Sachsen bis | |
Niedersachsen. | |
Das aber hätte gravierende Folgen für Moorburg. Denn das Hamburgische | |
Oberverwaltungsgericht (OVG) hatte die Geesthachter Fischtreppe im August | |
als Ausgleichsmaßnahme für Belastungen akzeptiert, die das Kohlekraftwerk | |
für die Elbe habe. Erst nach der Entscheidung hatte Hamburgs grüne | |
Umweltsenatorin Anja Hajduk Ende September eine Genehmigung mit Auflagen | |
für Moorburg erteilt (siehe Kasten). | |
Diese Fischtreppe sei jedoch aus fachlicher Sicht erstens nicht | |
ausreichend, kritisiert der Naturschutzbund (Nabu), und hätte zweitens eine | |
fatale Nebenwirkung. Zahllose der angelockten Fische würden "in den | |
Turbinen der Wasserkraftanlage getötet". Darunter seien vor allem | |
gefährdete Arten wie Lachs und Stör, die nach der EU-Richtlinie | |
Flora-Fauna-Habitat geschützt seien. Die zurzeit laufenden Programme zur | |
Wiederansiedlung dieser Fische in der Elbe würden in Geesthacht torpediert. | |
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht die | |
Deklarierung der Fischtreppe als "Schadensminderungsmaßnahme für Moorburg" | |
als unzulässig an, erklärte der Hamburger BUND-Chef Manfred Braasch. Nach | |
der europäischen Wasserrahmenrichtlinie und dem Wasserhaushaltsgesetz | |
müsste diese Vorrichtung ohnehin gebaut werden. Deshalb dürfe sie nicht | |
zusätzlich zur Ausgleichsmaßnahme für Moorburg deklariert werden, begründet | |
der Umweltverband seine jetzt eingereichte Klage gegen die Baugenehmigung | |
für Moorburg: Doppelt verbuchter Ausgleich sei gar kein Ausgleich. | |
14 Dec 2008 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
Sven-Michael Veit | |
## TAGS | |
Vattenfall | |
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