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# taz.de -- Guineas Militär festigt seine Macht: "Volk in Not retten"
> Die bisherigen Machthaber Guineas schlagen sich auf die Seite der
> Militärputschisten, die eine Übergangsregierung ausgerufen haben. Die
> Junta kündigt freie Wahlen erst für Ende 2010 an.
Bild: Kapitän Moussa Dadis Camara erklärte sich am 24. Dezember zum Chef des …
Guinea wird nach dem Tod des Autokraten Lansana Conté vom Militär regiert.
Fast alle bisherigen politischen und militärischen Größen haben ihre
Loyalität zur neuen Junta CNDD (Nationalrat für Demokratie und Entwicklung)
aus 26 Militärs und sechs Zivilisten unter Armeekapitän Moussa Dadis Camara
erklärt, der am Dienstag nach Bekanntwerden von Contés Tod die
Machtergreifung des Militärs ausgerufen hatte und am Mittwoch vom CNDD zum
Staatschef ernannt wurde.
Pünktlich zum Staatsbegräbnis für Conté, der nach offiziellen Angaben am
Abend des 23. Dezember im Alter von 74 Jahren starb, präsentierte Guinea
also ein Bild von patriotischer Einigkeit - ganz das Gegenteil der
Befürchtungen, wonach ohne den langjährigen Diktator Chaos ausbrechen
werde. Über 30.000 Menschen säumten gestern die Straßen der Hauptstadt
Conkary zu einem friedlichen Staatsakt mit salbungsvollen Reden zum
Gedenken an einen Gewaltherrscher, der in 24 Jahren sein bitterarmes Land
noch tiefer ins Elend geführt hat und den die westafrikanische
Menschenrechtsorganisation RADDHO als "Mugabe des frankophonen Afrika"
tituliert.
Die Gefahr eines Machtkampfes war aufgekommen, nachdem in der Nacht zum
Dienstag gemäß der Verfassung Parlamentspräsident Aboubacar Somparé die
Vakanz des höchsten Staatsamtes konstatierte und sich für 60 Tage zum
Übergangspräsidenten erklärte - und wenig später Kapitän Camara im Radio
den Militärputsch verkündete. Da in Guinea die Macht aus den Gewehrläufen
kommt, ließ die Klärung der Machtfrage nicht lange auf sich warten. Noch
Heiligabend paradierte die Armee mit Camara umgeben von amulettbehangenen
Soldaten auf offenen Lastwagen durch Conakry.
Die Soldaten, von denen Guinea in den letzten Jahren eher Mord und
Plünderung erlebt hatte, wurden bejubelt von Tausenden Menschen, die Camara
glauben, dass er ihre Entrechtung und Verarmung beenden wolle. "Guineisches
Volk: Die Machtergreifung durch deine Armee ist ein Akt des Bürgersinns,
der dem Wunsch entspricht, ein Volk in Not zu retten", erklärte die Junta.
Sie habe "keine Ambition, sich an der Macht zu verewigen".
Am Donnerstag, dem Ersten Weihnachtsfeiertag, pilgerten so gut wie alle
politischen Größen und Generäle - außer Parlamentspräsident Somparé - ins
Armeelager Alpha Yaya, Hochburg der Junta, redeten Camara mit "Herr
Präsident" an und sagten, wie Premierminister Souaré, sie stünden ihm "voll
und ganz zur Verfügung" und "danken Ihnen für Ihre Weisheit, Herr
Präsident". Heute will Camara das diplomatische Corps empfangen - USA, EU
und Afrikanische Union lehnen seine Machtergreifung ab.
Die Fassade von Einigkeit macht es schwer, die neue Regierung zu
beurteilen: ist sie eine Reformjunta, die korrupte Strukturen hinwegfegt,
oder ist sie ein Schulterschluss des Machtapparates, um Wandel zu
verhindern? Zivile Oppositionskräfte, die in den letzten Jahren wiederholt
mit Massenprotesten eine Veränderung erzwingen wollten und viel unter der
Brutalität des Militärs leiden mussten, äußern sich nur zögerlich und
unverbindlich und ärgern sich deutlich, dass sie weder an der Macht
beteiligt werden noch selbst auf die Idee gekommen sind, dem Conté-Klüngel
um Somparé eine Alternative entgegenzusetzen.
Misstrauisch stimmt viele guineische Beobachter vor allem, dass die Junta
freie Wahlen erst für Ende 2010 ankündigt - dann wäre zwar die reguläre
Amtszeit des toten Conté abgelaufen, aber eigentlich waren für 2009 bereits
Parlamentswahlen geplant. Viele politische Kräfte fordern jetzt Wahlen in
höchstens einem Jahr und wollen nicht, dass die Junta sie allein
organisiert. Der einst lange inhaftierte Oppositionsführer Alpha Condé, der
am letzten Sonntag aus mehrjährigem Exil nach Guinea zurückkehrte, sagte:
"Wir wollen keine Militärregierung." Dem Militär komme höchstens die Rolle
eines "Kontrollorgans" einer noch zu konstituierenden Übergangsregierung
zu, die Wahlen bis 2009 organisieren solle. "Wir werden das Volk und die
Zivilgesellschaft dafür mobilisieren."
Zustimmung für den Putsch gibt es hingegen seitens der Gewerkschaften, die
in den letzten Jahren besonders stark unter staatlicher Repression leiden
mussten: fast 200 Tote forderte Anfang 2007 die Niederschlagung eines
mehrwöchigen Generalstreiks. Der Gewerkschaftsdachverband CNTG-USTG
erklärte am 25. Dezember, er "begrüßt und beglückwünscht Guineas Armee, die
über den CNDD zum von uns initiierten Prozess des Wandels gestoßen ist".
27 Dec 2008
## AUTOREN
Dominic Johnson
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