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# taz.de -- Neue Öko-Verordnung: Biobranche hat ein Herz für Ferkel
> Ab Januar gilt die neue EU-Ökoverordnung: Hersteller von Biowaren dürfen
> Zusatzstoffe verwenden, die mit Gentechnik hergestellt wurden. Die
> Umstellung auf Öko wird erleichtert.
Bild: Ferkel auf Biohöfen dürfen künftig nur mit Betäubung entmannt werden.
BERLIN taz Bioferkel dürfen hoffen: Laut der neuen EU-Ökoverordnung, die am
1. Januar in Kraft tritt, dürfen sie nicht mehr ohne Betäubung kastriert
werden. Die Übergangsfristen laufen allerdings noch bis Ende 2011. Die neue
Verordnung regelt den Ökolandbau sowie die Etikettierung von
Biolebensmitteln neu.
Der Verbraucher findet auf den Verpackungen künftig noch mehr Informationen
über die Biolebensmittel, die er kauft. Zum Beispiel muss angegeben sein,
ob sie aus der EU stammen oder nicht. Wird ein Müsli etwa aus
konventionellen und aus biologisch angebauten Bestandteilen gemischt,
können die Biobestandteile auf der Verpackung mit einem Kreuzchen versehen
als solche gekennzeichnet werden. Alexander Gerber, Geschäftsführer des
Bundes für Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) in Berlin, fürchtet,
der Verbraucher könne getäuscht werden. "Es ist ungünstig, dass hier der
Bereich der Werbung nicht eindeutig geregelt worden ist", sagt er. So könne
ein Hersteller nun mit einem "Müsli mit Biohaselnüssen" werben.
Auch für die Bauern gibt es neue Regeln: Am heftigsten gestritten hat die
Biobranche für die Erlaubnis, Zusatzstoffe zu verwenden, die mit
gentechnisch veränderten Organismen (GVO) hergestellt worden sind. Zum
Beispiel gibt es kaum noch B-Vitamine, die nicht mittels GVO hergestellt
wurden, in Babynahrung sind die Vitamine aber gesetzlich vorgeschrieben.
"Da bleibt den ökologischen Erzeugern nichts anderes übrig, als solche
Zusätze zu verwenden", sagt Johannes Enzler von der Bayerischen
Landesanstalt für Landwirtschaft (LFL). Der Ökomarkt sei so klein, dass
sich für die Hersteller eigene Linien ohne GVO nicht lohnten.
"Den Landwirten überträgt die neue Ökoverordnung mehr Verantwortung,
erweitert zugleich aber ihre Dokumentationspflichten", erklärt Gerber vom
BÖLW. So müsse sich der Biobauer etwa den Kauf und Einsatz von zusätzlichen
organischen Düngemitteln nicht mehr wie bisher bei seiner Ökokontrollstelle
genehmigen lassen. Künftig kann er seinen Bedarf selbst feststellen, ist
aber verpflichtet, ihn zu belegen. Damit würden die Möglichkeiten
unternehmerischen Handelns erweitert, lobt Gerber. Ein Einfallstor für
laxere Standards sieht er nicht, da die Bedarfs-Kontrollen bestehen
blieben.
Konventionell arbeitenden Landwirten soll die Umstellung auf Ökolandbau
erleichtert werden. Bisher durften sie Futter und Saatgut nicht von Flächen
verwenden, die sie erst kürzlich auf ökologische Bewirtschaftung umgestellt
haben, und mussten es zusätzlich zukaufen. "Das hat die Startphase sehr
schwierig gestaltet", sagt Gerber.
Stark ändern wird sich die Regulierung von Bioprodukten aus Staaten, die
nicht der EU angehören. Sie müssen ab 2010 von Ökokontrollstellen
zertifiziert werden, die ein Akkreditierungsverfahren bei der EU-Kommission
durchlaufen haben. Bislang wurden sie in den entsprechenden Ländern
zugelassen. "Künftig bietet sich dem Verbraucher mehr Sicherheit bei
Importen aus Drittländern", sagt der grüne EU-Parlamentarier
Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, "vorausgesetzt, die Kommission
stellt genügend Ressourcen zur Verfügung und verschiebt die Fristen nicht
ständig."
Das eigentliche Ziel der EU-Kommission, die Regeln für den Ökolandbau
klarer und transparenter zu machen, sei nicht erreicht, sagt Thomas Dosch,
Präsident des Anbauverbandes Bioland. "Der Berg hat gekreißt und eine Maus
geboren", lästert er. Es gebe nun zwar einen akzeptablen Rahmen. Der habe
aber auch früher schon existiert. "Im Diskussionsprozess um die Verordnung
hat es eine Menge Begehrlichkeiten von der Industrie gegeben, die sich
sonst nicht so um uns kümmert", sagt Dosch, sie seien aber abgewehrt
worden.
In Deutschland komme es jetzt darauf an, wie die Verordnung im Einzelnen
umgesetzt werde, und dies sei Sache der Länder. "Es fehlt eine Instanz, die
für eine einheitliche Interpretation des Gesetzestextes sorgt", sagt Dosch.
Zwar seien Abweichungen in Detailfragen möglich, sagt Enzler von der LFL in
Bayern. Etwa sei in der Verordnung nicht eindeutig geregelt, ob das Saatgut
für die Gründüngung ebenfalls aus ökologischem Anbau stammen müsse. In
Bayern muss der Landwirt Ökosaatgut verwenden, in anderen Bundesländern
wird das teilweise anders gehandhabt. "Es wäre natürlich besser, wenn das
in der Verordnung ganz klar drinstehen würde."
28 Dec 2008
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
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