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# taz.de -- Auftakt Vierschanzentournee: Allein gegen die Armada
> Simon Ammann gewinnt den Auftakt der Vierschanzentournee und muss
> entdecken, dass Taktik auch beim Skispringen eine Rolle spielt. Vor dem
> Neujahrsspringen lauert die Konkurrenz.
Bild: Sieger mit kleinen "Fehlerchen": Simon Ammann.
Für Simon Ammann, dem Sieger des Auftaktspringens der Vierschanzentournee,
ist Taktik ein elementarer Bestandteil seines Sports. Das verwundert
zunächst, denn Taktik, das ist doch eigentlich etwas fürs Militär, für eine
Papstwahl oder für die Diplomatie. Und, ja, auch irgendwie für den Fußball.
Beim Skispringen aber, so dachte man bisher zu wissen, gibt es weder
taktische Aufstellungsmöglichkeiten noch eine Renntaktik wie beim Langlauf.
In der Taktik des Skispringens geht es auch eher um das Verhalten abseits
der Schanze, denn da werden die Weichen gestellt für die psychische
Verfassung, mit der man den nächsten Sprung wagt. Insofern tut der
Schweizer Ammann gut daran, sich in Gelassenheit zu üben. Denn die
taktischen Scharmützel der Gegenseite haben gerade erst begonnen.
Die österreichische Flugarmada, angereist mit einer enormen Portion
Selbstbewusstsein (Trainer Alexander Pointner: "Wir wollen den
Tourneesieg."), ist ein klein wenig gerupft worden. Wunderkind Gregor
Schlierenzauer wurde Vierter vor dem wieder zum deutschen Vorzeigeflieger
avancierten Martin Schmitt, Olympiasieger Thomas Morgenstern kam lediglich
auf Rang elf. Wolfgang Loitzl landete immerhin hinter Ammann als Zweiter
auf dem Podest. Das findet man - offiziell zumindest - ziemlich klasse:
"Uns gefällt diese Ausgangssituation", behauptet Skisprungdirektor Toni
Innauer. Schließlich habe man in den vergangenen beiden Wintern das
Oberstdorfer Springen jeweils gewonnen - um dann am Schluss in
Bischofshofen beim Tourneefinale anderen gratulieren zu müssen. "Jetzt hat
ein anderer gewonnen, aber wir sind in bester Distanz", frohlockt Innauer.
Seine Truppe, suggeriert er, lauert im Hinterhalt, während Ammann dem
grellen Scheinwerferlicht der hohen Erwartungen ausgesetzt ist. "Wer in
Oberstdorf gewinnt, wird ständig nach dem Tourneesieg gefragt."
In der Tat: Simon Ammann aus Unterwasser muss sich diese Fragen mehrmals
vor dem zweiten Tourneespringen gefallen lassen. Auch die Frage, ob ein
Sieg aller vier Einzelspringen im Stile Sven Hannawalds möglich ist, trifft
ihn natürlich. Der gelassene Ammann sagt: "Diese Frage finde ich prima." Um
in aller Unverbindlichkeit zu ergänzen: "Ich will so gut wie möglich sein."
Er wisse um seine Stärke und um seine Defizite, sagt Ammann. Vor allem aber
weiß er, wie neu so eine Siegesserie, die er mit nun bereits fünf
Weltcupsiegen in diesem Winter erlebt, für ihn ist. Als Ammann 2002
Doppelolympiasieger wurde, hatte niemand mit einem derartigen Erfolg
gerechnet. Der junge Schweizer, der ein bisschen so aussah wie Harry
Potter, wurde von Talkshow-Auftritten zum Wetten-dass-Sofa herumgereicht
wie eine Sensation. Doch dann wurde das Skispringen verdammt schwierig für
ihn, die Konkurrenz enteilte, Ammann schien in der Branche das zu werden,
was man in der Popmusik ein One-Hit-Wonder nennt. Aber dann stürmte er fünf
Jahre später erneut die Charts, das heißt: Er wurde überraschend 2007
Weltmeister.
Und nun, Ende 2008, genießt er erstmals ein beständiges Hoch. Das
allerdings war ausgerechnet vor dieser Saison so gar nicht zu erwarten
gewesen. Nach nur einem Jahr hat sich nämlich Werner Schuster als Trainer
des Schweizer Miniteams wieder verabschiedet, weil er den Lockrufen der
Deutschen erlegen war und nun lieber Schmitt und Co. trainiert. "Aber wir
hatten gleich eine Lösung parat", sagt Ammann. Der erst 28 Jahre alte
Nachwuchstrainer Martin Künzle sollte fortan die beiden Weltcupspringer
Ammann und Andreas Küttel betreuen. "Das Alter spielt überhaupt keine
Rolle. Wichtig ist mir die Ansprache an der Schanze", sagt der nur ein Jahr
jüngere Ammann. Die Enttäuschung, einen Trainer an die viel begütertere
Konkurrenz verloren zu haben, ist in Energie umgemünzt worden.
Der Tourneetross ist nun weitergereist nach Garmisch-Partenkirchen. An
Neujahr wird sich entscheiden, ob es für Ammann weiter um die Frage nach
vier Einzelsiegen gehen wird. Oder ob die Konkurrenz ihn übertrumpfen kann.
Ammann wirkt nicht, als habe er Angst davor. "Oberstdorf war die
schwierigste Schanze", erklärt er, als ob jetzt nur noch Kinderspiele auf
ihn zukämen. Sein Trainer Künzle hat in beiden Wettkampfsprüngen sogar noch
"Fehlerchen" entdeckt. "Aber umso schöner ist es, dass er trotzdem ganz
vorne landen kann."
31 Dec 2008
## AUTOREN
Kathrin Zeilmann
## TAGS
Vierschanzentournee
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