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# taz.de -- Handballstar Holger Glandorf: Maximal wortkarg
> Holger Glandorf gilt als Naturwunder des Handballs. Der spektakuläre
> Spieler wird von beinahe allen internationalen Spitzenklubs umworben.
Bild: Glandorf ist nicht der Mann, der eine perfekte Projektionsfläche für di…
VARAZDIN taz Sein Luftstand ist schlicht spektakulär. Die Art und Weise,
wie Holger Glandorf aus vollem Lauf abspringt, scheinbar ewig in der Luft
steht und dann den Ball ins gegnerische Tor wuchtet, hat ihm den Ruf eines
"Naturwunders" (Focus) des deutschen Handballs eingebracht. Seinen
Durchbruch feierte der 1,97-m-Mann von der HSG Nordhorn vor zwei Jahren,
als er sich von der Stimmung der Weltmeisterschaft im eigenen Land tragen
ließ und mit vielen Toren zum Titelgewinn beitrug. Laut Bundestrainer
Heiner Brand machte Glandorf aber auch danach "noch einmal einen
Riesensprung" - und avancierte in den letzten zwei Jahren zum begehrtesten
Rückraum-Linkshänder der Welt. Bei der laufenden Weltmeisterschaft in
Kroatien zählt er zu den Schlüsselfiguren: Seine Tore sind zwingend nötig,
soll der Traum von der Titelverteidigung nicht vorzeitig platzen.
Der Auftakt am Samstag in Varazdin gegen Russland (26:26) misslang indes.
In seinem 100. Länderspiel agierte Glandorf recht unglücklich. Sein Team
hatte in den letzten neun Minuten fünf Tore Vorsprung aus der Hand gegeben
und sein letzter Wurf nicht den Weg ins Tor gefunden. Doch natürlich litt
auch er unter den Schwächen im Spielaufbau: Mit dem WM-Debütanten Martin
Strobel hat er kaum zusammengespielt. Dass der Lemgoer Michael Kraus nach
auskuriertem Muskelfaserriss für den WM-Rest wieder einsatzbereit ist,
kommt Glandorf sehr entgegen. Den etatmäßigen Regisseur des Weltmeisters,
Jahrgang 1983 wie er, kennt der geborene Osnabrücker schon aus der
Junioren-Nationalmannschaft. Die beiden verbindet eine lange Freundschaft.
Charakterlich könnten die beiden Handballer freilich kaum unterschiedlicher
sein. Während der gesprächige Kraus als Popstar des deutschen Handballs
gefeiert wird, meidet Glandorf das Licht der Öffentlichkeit, er zieht sich
lieber ins Private zurück. Fragen der Medien nach seinem persönlichen
Befinden beantwortet er maximal wortkarg. Eine bezeichnende Geschichte
spielte sich nach dem Titelgewinn in Deutschland ab. Während sich seine
Kollegen am nächsten Tag bei einem Empfang im oberbergischen Wiehl noch
lautstark feiern ließen, war er bereits nach Nordhorn zurückgefahren. Seine
Freundin, erklärte er seinen Kumpels lakonisch, müsse zur Arbeit.
Glandorf ist also nicht der Mann, der eine perfekte Projektionsfläche für
die Medien abgibt. Und doch jagen ihn die besten Handballklubs der Welt.
Der FC Barcelona fragte an, Champions-League-Sieger Ciudad Real, der
deutsche Rekordmeister THW Kiel, die SG Flensburg-Handewitt, der HSV
Hamburg, die Rhein-Neckar-Löwen. Glandorf wehrte die vielen Spekulationen
vor der WM ab. "Ich werde mich erst nach der WM entscheiden. Alles ist
weiterhin offen, ich habe noch nirgendwo einen Vertrag unterschrieben",
erklärte er. Dass er seinen Klub HSG Nordhorn im Sommer 2009 nach zehn
Jahren verlässt, gilt jedoch als sicher. Denn die Versprechungen, die ihm
HSG-Mäzen Bernd Rigterink machte, wurden nicht eingehalten.
Vieles spricht dafür, dass er zu den finanzstarken Rhein-Neckar-Löwen
wechselt. Deren designierter Coach Noka Serdarusic bearbeitet Glandorf mit
Telefonanrufen, und natürlich lockt auch das liebe Geld: Wenn der Isländer
Olafur Stefansson bei den Löwen rund 40.000 Euro netto verdienen soll, dann
wird auch Glandorf das verlangen können. Im Gegensatz zu dem 36-jährigen
Isländer hat er schließlich noch die Substanz, auch ein ganzes Spiel
durchzustehen. "Natürlich wollen wir ihn gern verpflichten", sagt
Löwen-Manager Torsten Storm. Und Stefansson verriet in einem Interview mit
einer isländischen Zeitung schon mehr: Er freue sich schon darauf, sich mit
Glandorf auf seiner Position abzuwechseln und jeweils 15 Minuten pro
Halbzeit zu spielen.
Glandorf errötet etwas, wenn man ihn darauf anspricht, aber der stille Held
des deutschen Handballs dementiert nicht: "Ach ja? Freut er sich? Das ist
ja schön." "Wir würden uns auch freuen", sagt Storm, "aber unterzeichnet
hat er noch nicht."
19 Jan 2009
## AUTOREN
Erik Eggers
## TAGS
Handball-Bundesliga
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