# taz.de -- Flughafenausbau in Frankfurt beginnt: Hüttendorf umzingelt | |
> Start der Bauarbeiten für die umstrittene Erweiterung des Frankfurter | |
> Flughafens. Roland Koch ist glücklich. Linke und Grüne kritisieren | |
> Rodung. Ausbaugegner rufen zur Verteidigung des Hüttendorfs auf. | |
Bild: Da wird nach ihm gebuddelt: Über mehrere Stunden brauchten die Polizei u… | |
FRUNKFURT/MAIN ap/taz Nach einem mehr als zehnjährigen politischen und | |
juristischen Tauziehen hat am Dienstag der Ausbau des Frankfurter | |
Flughafens begonnen. Bauarbeiter und Sicherheitskräfte der | |
Flughafengesellschaft Fraport begannen, das Baugelände im Wald der Stadt | |
Kelsterbach einzuzäunen, darunter auch das von Umweltschützern | |
eingerichtete Hüttencamp. Zeitgleich begannen die Rodungsarbeiten. Fraport | |
will eine zusätzliche Landebahn bauen. | |
Die Polizei ließ den Zutritt zum Hütencamp offen, so dass sich dort am | |
Dienstagabend mehrere hundert Ausbaugegner einfanden, um die Waldbesetzer | |
beim Protest gegen den Beginn der Rodungsarbeiten zu unterstützen. Zudem | |
war unklar, ob das Camp nicht doch geräumt werden würde, da Fraport die | |
Besetzer aufgefordert hatte, das Gelände sofort zu verlassen. Rund 20 | |
AktivistInnen, darunter Mitglieder der Umweltschutzorganisation Robin Wood | |
harren dort seit Mai 2008 in Zelten, Holzhütten und Baumhäusern aus. Ein | |
ähnliches Hüttendorf war zu Beginn der 80er Jahre die Keimzelle des | |
Widerstandes gegen den Bau der Startbahn West. | |
Die Lage im Wald blieb am Dienstag weitgehend friedlich. | |
Fraport-Mitarbeiter und Polizisten versuchten mehrere Stunden lang, einen | |
der Besetzer auszugraben, der sich in einem selbst gebauten unterirdischen | |
Bunker einbetoniert hatte. Erst am Abend wurde der Mann aus dem Erdloch | |
geholt. Er sei ärtzlich versorgt worden, aber wohlauf, so ein | |
Fraport-Sprecher. Umweltorganisationen. Auch für den Mittwoch abend wurde | |
vom [1][den Ausbaugegnern] zum Protest vor Ort und zur Verteidigung des | |
Hüttencamps aufgerufen. | |
Der Start des Ausbaus markiere einen "guten Tag für die ganze deutsche | |
Luftverkehrswirtschaft", sagte dagegen Fraport-Chef Wilhelm Bender: "Mit | |
der neuen Landebahn und dem geplanten dritten Terminal legen wir die | |
Grundlage für Wirtschaftswachstum und eine deutliche Zunahme der | |
Beschäftigten am Flughafen wie in der Region." | |
Hessens Ministerpräsident Roland Koch verwies darauf, dass Fraport in den | |
Flughafenausbau rund vier Milliarden Euro investieren will. Der Ausbau sei | |
damit auch ein wichtiges Signal in der aktuellen Wirtschafts- und | |
Finanzkrise: "Die Bedeutung des Flughafenausbaus kann für die Wirtschaft in | |
Hessen und ganz Deutschland gar nicht hoch genug eingeschätzt werden." | |
Aus Gründen des Vogelschutzes dürfen zunächst nur bis Ende Februar Bäume | |
gefällt werden. Wie Projektleiter Horst Amann sagte, soll in dieser Zeit | |
mehr als 100 der insgesamt 220 Hektar Wald auf dem Baugelände fallen. Auf | |
den fraglichen Abschnitten soll im Sommer mit dem Bau von Brücken, Tunneln | |
und Leitungstrassen begonnen werden. Brücken und Tunnel sind nötig, um die | |
neue Landebahn mit dem Vorfeld des Flughafens zu verbinden. Beide Areale | |
sind durch die Autobahn 3 sowie die ICE-Strecke Köln-Frankfurt voneinander | |
getrennt. | |
Die hessischen Grünen kritisierten den Beginn der Bauarbeiten. "Die | |
fallenden Bäume werden gewiss nicht zur Befriedung der Region beitragen", | |
sagte der Landtagsabgeordnete Frank Kaufmann. Die Linkspartei kritisierte, | |
angesichts sinkender Verkehrszahlen am Frankfurter Flughafen sei die | |
"Geschäftsgrundlage" für den Beginn der Rodungsarbeiten entfallen. | |
Heftige Kritik kam auch von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. | |
Kirchenpräsident Volker Jung sagte, keine einzige der 13 Musterklagen gegen | |
den Flughafenausbau sei rechtskräftig abgeschlossen: "Nun werden alle | |
Bemühungen zunichte gemacht, den Ausbau des Flughafens bürgerschaftlich und | |
konsensorientiert zu entwickeln." | |
Das Bündnis der Bürgerinitiativen gegen den Flughafenausbau warf Fraport | |
ein "von schamloser Geldgier" geprägtes Verhalten vor. Die Lärmbelastung | |
der Bevölkerung im Rhein-Main-Gebiet werde durch den Ausbau nochmals um die | |
Hälfte gesteigert. Zudem, so das Bündnis, würden für die Bewachung des | |
Bauzaunes Hartz-IV-Empfänger eingesetzt, denen der Wegfall ihrer Bezüge | |
drohe, würden sich sich weigern, diesen Job zu machen. Die | |
Bürgerinitiativen forderte deshalb die sofortige Einstellung der Bewachug. | |
Die Umweltorganisation BUND bezeichnete den Baubeginn als "brutale | |
Durchsetzung" der Fraport-Interessen. Das Unternehmen wolle Fakten | |
schaffen, bevor der hessische Verwaltungsgerichtshof die anstehenden Klagen | |
in der Hauptsache entschieden habe. | |
In der vergangenen Woche hatte der Verwaltungsgerichtshof die Genehmigung | |
für den Flughafenausbau in einer Eilentscheidung weitgehend gebilligt. | |
Allerdings nannte er die geplanten Nachtflugbeschränkungen nicht | |
ausreichend. Eine Entscheidung in der Hauptsache wird für den Sommer | |
erwartet. | |
Inzwischen hat die Stadt Kelsterbach, die bisherige Eigentümerin des | |
Geländes für die vorgesehene Landebahn, ihre Klage gegen den Ausbau des | |
Frankfurter Flughafens zurückgezogen. Das gab Bürgermeister Manfred Ockel | |
(SPD) am Mittwoch bekannt. Dafür erhält Kelsterbach nun mehr Geld für das | |
Areal von Fraport, als die im Fall einer Enteignung vorgesehenen rund 18 | |
Millionen Euro. | |
Fraport zahlt nun laut der Tageszeitung Darmstädter Echo, 32 Millionen Euro | |
als Ausgleich für Wald und Teile von Gewerbeflächen, die sich jetzt im | |
Besitz der Fraport befinden. Der Beitrag soll auch Maßnahmen für den | |
Lärmschutz decken. Ocker warb bei den Kommunen, die weiterhin gegen den | |
Ausbau klagen, um Verständnis für die Entscheidung Kelsterbachs. | |
21 Jan 2009 | |
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Frankfurt am Main | |
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