# taz.de -- Kommentar Kongo: Neue Ära von Krieg und Zerfall | |
> Kongos Regierung hat die Kontrolle über den Osten des Landes längst | |
> verloren. Und Ruanda ist als regionale Ordnungsmacht ungeeignet. Es | |
> verfolgt im Kongo eigene Interessen. | |
Umwälzungen im Afrika der Großen Seen entscheiden oft über Leben und Tod | |
von Millionen Menschen. Was sich derzeit in atemberaubendem Tempo im Osten | |
der Demokratischen Republik Kongo abspielt - die Einstellung der Kämpfe | |
durch die Tutsi-Rebellen, der Einmarsch Ruandas, schließlich die Verhaftung | |
des Rebellenchefs Laurent Nkunda -, ist daher mehr als eine nur lokale | |
Angelegenheit. | |
Es geht um grundlegende Veränderungen in den Machtverhältnissen, und die | |
überstürzte Art des Vollzugs macht deutlich, dass keine Seite alle Fäden in | |
der Hand hält. Kongos Regierung hat die militärische Kontrolle über den | |
Osten ihres Landes längst verloren. Nur dank der Hilfe Ruandas kann sie | |
sich jetzt wieder ins Spiel bringen. | |
Nkundas Versuch, eine eigenständige Kraft aufzubauen, indem er sich zum | |
Vertreter lokaler Interessen machte, ist von der neuen | |
kongolesisch-ruandischen Allianz erdrückt worden - er wird nun das | |
Bauernopfer des Zweckbündnisses zwischen den Regierungen in Kinshasa und | |
Kigali. Ruanda schließlich verfolgt im Kongo so ausschließlich egoistische | |
Interessen, dass es als regionaler Ordnungsfaktor nicht taugt. | |
Die Bevölkerung Ostkongos weiß nicht mehr, wer sie wirklich regiert, wer | |
ihr wo aus welchem Grund gefährlich werden könnte. Kongos Versuch, zurück | |
zur Stabilität zu finden, ist damit zunächst gescheitert. | |
Schon jetzt kämpfen wieder Truppen aus Ruanda und Uganda an verschiedenen | |
Stellen des Landes gegen Rebellen und sorgen für neue Unsicherheit. Hinzu | |
kommt die globale Wirtschaftskrise, die dem Kongo seine Hoffnungen auf | |
Aufschwung durch Mineralienexport raubt: So ist das Risiko groß, dass dem | |
Kongo und damit Zentralafrika insgesamt eine neue Ära zerfallender | |
Staatswesen und grenzüberschreitender Kriege droht. | |
Ob den Vereinten Nationen, die im Kongo die teuerste UN-Mission der Welt | |
unterhalten, dazu noch etwas einfällt? Schon die jüngsten | |
kongolesisch-ruandischen Vereinbarungen fanden ohne internationale | |
Beteiligung statt; beide Regierungen wollen sich von der Kontrolle durch | |
die Weltgemeinschaft emanzipieren. Man sollte ihnen das nicht vorwerfen. | |
Aber man darf sich um die Folgen Sorgen machen. | |
23 Jan 2009 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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