# taz.de -- Montgomery scheitert in Deutschland: "Springer rollt doch den Markt… | |
> David Montgomerys Konzern Mecom hat die "Berliner Zeitung" an DuMont | |
> verkauft. Peter Preston, Ex-"Guardian"-Chefredakteur erklärt, warum der | |
> Medienmogul mit seiner Strategie gar nicht so falsch lag. | |
Bild: "Wir sind erst am Anfang des Schwächerwerdens der Printmedien: Die Gewin… | |
Heute Abend kann Josef Depenbrock, Deutschlandchef von David Montgomerys | |
Medienkonzern Mecom ein letztes Mal beim Neujahrsempfang der Berliner | |
Zeitung brillieren: Nach dem Verkauf der deutschen Mecom-Titel an den | |
Kölner DuMont-Verlag sind seine Tage als Chefredakteur und Geschäftsführer | |
des Blattes wohl gezählt und Montgomerys Traum vom paneuropäischen | |
Medienhaus ist ausgeträumt. Der langjährige Guardian - Chefredakteur Peter | |
Preston über die Fehler der Finanzinvestoren, die Zukunft der Zeitung - und | |
wo Montgomery trotz allem richtig lag. | |
taz: Mr. Preston, ist David Montgomery in Deutschland an seiner eigenen | |
Gier gescheitert? | |
Peter Preston: Nein. Was Montgomery in Deutschland passiert ist, ist allen | |
großen Zeitungsketten in den USA und Großbritannien passiert: Sie stehen | |
wegen zurückgehender Werbeeinnahmen und sinkender Auflagen massiv unter | |
Druck. | |
War also sein Konzept - er wollte in Deutschland viele Verlage kaufen und | |
eine Zeitungskette aufbauen - falsch? | |
Nein, an sich war das keine furchtbar dumme Idee: In den letzten 20 Jahren | |
haben viele der früher familiengeführten Verlage in den USA und | |
Großbritannien ihre Zeitungen verkauft - die nächste Generation hatte die | |
Lust am Zeitungsgeschäft verloren und wollte einfach das Geld. Diese | |
Situation gibt es auch in Deutschland. Und bis vor kurzem waren Zeitungen | |
ein höchst einträglicher Business. | |
Aber ist ein System tragfähig, bei dem dem frisch erworbenen Blatt die | |
kompletten Schulden für den Kauf aufgebürdet werden, wie beim Berliner | |
Verlag? | |
Montgomery und die anderen Ketten-Bauer haben durch Einsparungen und | |
Synergien die Einnahmen ja zunächst deutlich steigern können: Bei 30 | |
Prozent Rendite kann so ein Unternehmen dann schon gute Zeitungen machen | |
und seine Schulden zurückzahlen - alle Beteiligten waren happy. | |
Warum ist Montgomery dann in Deutschland gescheitert? | |
Er ist ziemlich spät in den deutschen Markt gegangen. Das Ganze sah | |
zunächst trotzdem gut aus, die Profitabilität der Zeitungsverlage auf dem | |
Kontinent war niedriger als in Großbritannien, die Blätter waren günstig zu | |
haben. Und er wollte nun sein in den USA und bei uns erprobtes Modell jetzt | |
auch in Deutschland anwenden. | |
Dabei hat er dabei vollkommen ignoriert, dass der deutsche Zeitungsmarkt | |
ganz anders tickt und keiner mit ihm zusammen arbeiten wollte. | |
Ich bin bestimmt kein Freund von Montgomery. Aber auf kurze Sicht war das | |
eine ziemlich gute Idee: Eine europäische Pressegruppe unter britischer | |
Führung aufzubauen, die es mit Axel Springer aufnehmen kann. Denn Springer | |
rollt doch den Markt auf, vor allem in Osteuropa. | |
Montgomerys Geschäftsstrategie ist dabei so umstritten, dass sogar die | |
Aufsichtsräte seiner Mecom-Holding und sein Finanzvorstand gegen ihn | |
rebellierten und - erfolglos - versucht haben, ihn abzusetzen. | |
Aber hier ist Montgomery meiner Meinung nach mal auf der Seite der Guten! | |
Die anderen Vorstände und Aufsichtsräte wollten möglichst viel von Mecom | |
verkaufen, um auf einen Schlag wieder profitabel da zu stehen: Das ist | |
typisches Finanzinvestoren-Verhalten. Montgomery dagegen setzt auf | |
Teilverkäufe, um in den Rest investieren zu können, und will den Laden | |
langfristig zusammenhalten. Allerdings ist beides kein Grund zu Jubeln. | |
Was lehrt der Fall Montgomery für die Zukunft? | |
Das geht weit über David Montgomery hinaus. Wir sind erst am Anfang des | |
Schwächerwerdens der Printmedien: Die Gewinne gehen zurück, das Internet | |
stellt die Verlage vor enorme Herausforderungen. Es bringt überhaupt | |
nichts, wenn traditionelle Zeitungen sagen, das hat mit uns aber doch gar | |
nichts zu tun. | |
Sie kennen den deutschen Zeitungsmarkt: Wo liegen dessen Stärken und | |
Schwächen? | |
Deutschland hat wie die USA keine Tradition großer nationaler Titel, wie | |
wir sie mit Guardian, Times, usw. in Großbritannien haben. Die Zukunft der | |
deutschen Zeitungen liegt in der Region: You live or die by what you do in | |
the region. | |
Ist mit dem Abschied von David Montgomery bei der Berliner Zeitung und | |
Hamburger Morgenpost das Kapitel "Finanzinvestoren im deutschen | |
Pressemarkt" abgeschlossen? | |
In Deutschland überwiegen noch die kleinen, familiengeführten Verlage. Aber | |
auch die brauchen Geld, viel Geld, um ins digitale Zeitalter zu | |
investieren. Egal ob Sie Zeitungsketten und große Verlagsimperien mögen | |
oder nicht: Es wird ohne sie nicht gehen, denn das Geld für diese | |
Investitionen muss ja irgendwo herkommen. Die kleinen Verlage allein sind | |
dafür zu schwach. Ob da nun Finanzinvestoren oder jemand anders kommt, ist | |
nicht so erheblich. Denn wer hat Montgomery seine deutschen Zeitungen | |
abgekauft? Das war doch kein kleiner Verlag, sondern DuMont, die schon | |
immer zu den größten Zeitungskonzernen in Deutschland gehörten und jetzt | |
noch ein ganzes Stück größer werden. | |
27 Jan 2009 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
## TAGS | |
Verlagswesen | |
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