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# taz.de -- Nato-Befehlshaber zu Drogenhändlern: Tötungsbefehl von ganz oben
> Nato-Oberbefehlshaber John Craddock ordnet an, Drogenhändler in
> Afghanistan umzubringen - und erntet unerwarteten Widerstand anderer
> Isaf-Kommandeure.
Bild: Wegen seiner Hardliner-Politik umstritten: Bush-Mann John Craddock.
BERLIN taz Wenn es nach Nato-Oberbefehlshaber John Craddock geht, dürfte
die Zahl der zivilen Kriegstoten in Afghanistan bald kräftig steigen: Laut
einem geheimen Schreiben, das Spiegel-Online zugegangen ist, soll der
US-Kommandeur Befehl erteilt haben, tödliche Gewalt gegen Drogenhändler
anzuwenden, auch wenn diese nicht das Kriterium eines militärischen Ziels
erfüllten - also wenn es keinen Nachweis gebe, dass sie dem bewaffneten
Aufstand angehören. Es sei "nicht länger nötig, Geheimdienstaufklärung zu
betreiben oder zusätzliche Beweise zu erbringen", heißt es.
Craddock begründet dies mit einem Entschluss der Nato-Verteidigungsminister
im Oktober 2008, den Isaf-Soldaten in Afghanistan die Verfolgung von
Drogenhändlern zu gestatten. Deutschland hatte dabei durchgesetzt, dass
diese Ausweitung des Isaf-Einsatzes möglich, aber nicht für alle
Bündnispartner verpflichtend ist.
Doch Craddock, ein Überbleibsel der Bush-Administration, stößt mit seiner
Weisung laut Spiegel-Online auf unerwarteten Widerstand: Sowohl David
McKierman, der Isaf-Kommandeur in Kabul, als auch Egon Ramms, der deutsche
Leiter der Nato-Kommandozentrale in den Niederlanden, weigern sich, dem
Befehl zu folgen, da dieser gegen geltende Isaf-Regeln und gegen
internationales Recht verstoße.
Ende Dezember hatte das US-Central Command festgelegt, dass US-Truppen
Drogenlabore bombardieren dürften, solange man davon ausgehen könne, dass
dabei nicht mehr als zehn Zivilisten getötet würden. Der neue US-Präsident
Barack Obama hatte angekündigt, er werde die Zahl der US-Soldaten in
Afghanistan auf 60.000 aufstocken, US-Verteidigungsminister Robert Gates
erklärte, US-Truppen würden weiterhin Terroristenverstecke in grenznahen
Gebieten Pakistans angreifen.
Über 50 Prozent des afghanischen Bruttoinlandsprodukts stammen aus der
Herstellung und dem Handel mit Opium. Nicht nur die Taliban, sondern auch
regierungsnahe Kreise profitieren von diesen Einnahmen.
Im vergangenen Jahr hat die Isaf-Truppe 100 Zivilpersonen getötet.
Angesichts dieser Zahlen gerät nun der afghanische Staatspräsident Hamid
Karsai unter Druck. Sein Sprecher Humajun Hamidsada kündigte am Mittwoch
an, seine Regierung werde eine "nationale Entscheidung" der Afghanen über
die künftige Rolle der ausländischen Streitkräfte herbeiführen, falls die
Nato nicht bis zum 10. Februar auf einen im Januar vorgelegten
Elf-Punkte-Katalog zur Vermeidung ziviler Opfer reagiere. Dieser sehe unter
anderem vor, dass Hausdurchsuchungen nur noch von afghanischen
Sicherheitskräften vorgenommen werden dürfen.
Nato-Sprecher John Coppard erklärte am Mittwoch, der Entwurf sei an kein
Ultimatum geknüpft gewesen; man werde zu gegebener Zeit antworten.
Karsai, dessen Amtszeit eigentlich im Frühjahr abläuft, will erneut für den
Posten kandidieren. Am Donnerstag gab eine afghanische Wahlkommission
bekannt, dass die Präsidentschaftswahlen mit mehrmonatiger Verspätung am
20. August stattfinden sollen.
30 Jan 2009
## AUTOREN
Antje Bauer
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