# taz.de -- Kommentar Afghanistan: Wer regiert am Hindukusch? | |
> Afghanistans Präsident Karzai hat es nicht geschafft, sein Land | |
> erfolgreich zu führen. Die Situation ist nach wie vor schwierig, doch es | |
> gibt kaum Alternativen für das Amt. | |
Bild: Wegen seiner Hardliner-Politik umstritten: Bush-Mann John Craddock. | |
Hamid Karzai ist nicht zu beneiden. Nach dem Sturz der Taliban wurde er | |
2001 von den USA aus dem Hut gezaubert und in einem nach Jahren des | |
Talibanregimes hoffnungsfrohen Afghanistan zum Präsidenten gewählt. Die | |
Provinzen – der Zentralregierung gegenüber traditionsgemäß misstrauisch – | |
verhielten sich zu Beginn weitgehend wohlwollend. Sie hofften auf | |
ökonomische Verbesserungen von Seiten der Kabuler Regierung. Doch diese | |
sind ausgeblieben; stattdessen wimmelt es im Land von ausländischen | |
Truppen, die sich wie die eigentlichen Herren aufspielen und de facto nur | |
zu oft Herren über Leben und Tod sind. | |
Man beißt nicht in die Hand, die einen füttert, aber genau das muss Karzai | |
jetzt tun, will er nicht jede Glaubwürdigkeit unter seinen Landsleuten | |
verlieren: Da er für die Präsidentschaftswahlen im August erneut | |
kandidieren möchte, ist Karzai gezwungen zu protestieren, wenn die | |
westlichen Staaten im Kampf gegen al-Qaida auch über zivile Leichen zu | |
gehen bereit sind, wie es die Order des Nato-Oberbefehlshabers John | |
Craddock jetzt erneut gezeigt hat. Dabei kann sich Karzai selbst bei | |
Wohlverhalten nicht mehr der unbedingten US-Unterstützung sicher sein. | |
Präsident Obama hat zwar angekündigt, die Truppen in Afghanistan aufstocken | |
zu wollen, jedoch ist das nicht zwangsläufig mit einer Unterstützung | |
Karzais verbunden: Der Regierungschef gilt zunehmend als Teil des Problems | |
und nicht als Teil der Lösung. | |
Zu Mitgefühl besteht dennoch wenig Anlass: Karzai hat es versäumt, sich | |
eine Machtbasis in der Bevölkerung zu erarbeiten, die auf mehr beruhen | |
würde als auf Vetternwirtschaft. Seine wechselhafte Politik gegenüber den | |
Taliban, die in der Bevölkerung wachsende Sympathie genießen, hat er sich | |
von der westlichen Gemeinschaft diktieren lassen. Vor allem aber hat er die | |
Chance verpasst, Raum für eine demokratische Politik jenseits der alten | |
Warlord-Seilschaften zu schaffen. Trotzdem könnte es sein, dass er | |
Afghanistan als Präsident erhalten bleibt – aber nur deshalb, weil es | |
derzeit kein anderes Kaninchen gibt, das man aus dem Hut zaubern könnte. | |
29 Jan 2009 | |
## AUTOREN | |
Antje Bauer | |
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