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# taz.de -- Biografie von Notorious B.I.G.: Das Klischee der Straße
> "Notorious" von George Tillman Jr. ist eine linientreue Lektüre einer
> nicht immer linientreuen Hiphop-Biografie. Im Wettbewerb außer
> Konkurrenz.
Bild: Biggie Biggie Biggie cant't you see... Jamal Woolard als Notorious B.I.G.
Von ziemlich weit weg wehen uns heute diese mittleren 90er an, als die Welt
des Hiphop von dem sogenannten East-Coast-West-Coast-Streit in Atem
gehalten wurde. Es war der Anfang vom Ende einer großen Kunstform und der
Aufstieg des Gangsta-Rap als dominante Variante von Hiphop, die alles
andere in den Underground abdrängte. Dort gedieh zwar weiterhin großartige
Musik, wurde nun aber nur noch von den Cultural Studies wahrgenommen.
Der Rest war maligne Misogynie oder sentimentales Zuhälterschluchzen zu
digitalen Geigen. Zwei große Grenzfiguren gab es an jenem Epochenwechsel
von den verschiedenen politisierten Rap-Stilen zum Gangsta-Mainstream:
Tupac Shakur und The Notorious B.I.G. Beide starben in ominösen
Hinterhalten, angeblich wegen ihrer Verwicklung in die vorderhand komplett
alberne East-West-Debatte über stilistische Urheberschaften. Dass man über
deren Hintergründe auch nach dem Film "Notorious" von George Tillman Jr.
nicht mehr weiß, liegt daran, dass mit Puff Daddy jemand den Film
ko-produziert hat, der ganz massiv Partei war.
Puff Daddy, heute Diddy, war der Entdecker, Produzent und
Plattenfirmen-Boss von B.I.G. und der Mann, der, wie er in einem der
interessanteren Momente dieses Films seinen Darsteller sagen lässt, Hiphop
von der Straße holte, indem er ihn von der Straße handeln ließ. Daddy/Diddy
entwickelte, mit anderen Worten, das Klischee der Straße, blies es auf,
umschleimt von aus Mainstreamhits gesampeltem Melodieklebstoff, und nahm
Hiphop die Inhalte, die einst mit der mythischen Straße politisch zu tun
hatten.
Seine Arbeit für B.I.G. gehört allerdings zu seinen besseren. Seinen
Hauptwidersacher im East/West-Streit, den Produzenten/Selfmademan Suge
Knight, wohl auch im wirklichen Leben nicht gerade ein Sympath, dämonisiert
der Film zum comicartig verschlagenen Erzstrolch mit verkniffenen Augen.
Das Beste, was hingegen unserem Biggie, wie seine Freunde ihn nennen
durften, passieren konnte, war seine Mutter. Sie ist eine tapfere, fromme
Frau, die stets das Gute wollte und das Böse zurückwies. Was Kokain war,
wusste sie nicht einmal, als ihr Sohn es kiloweise vor ihren Augen
verschnitt. Dafür hat sie den kleinen Großen auf eine katholische Schule
geschickt. Sie wird hier von der bekanntesten Darstellerin gegeben, Angela
Bassett. Ihr Vorbild im richtigen Leben war ebenfalls Geldgeberin des
Films.
Damit ist dann auch klar, dass der Rest dieses Biopics eine linientreue
Lektüre des nicht immer ganz linientreuen Lebens eines mittelinteressanten
Rappers bleibt, der zwei, drei Knaller auf seinem Debütalbum und einige in
ihrer Monstrosität erwähnenswerte Werke auf dem anderen, posthum erschienen
Produkt vorweisen kann. Bei der hektisch abhakenden Bebilderung dieser
kurzen Karriere möchte man zwei-, dreimal anhalten und sich eine Sache
genauer erklären lassen. Wie man das machte etwa, dass man mal eben vom
Klein-Dealer zum Groß-Dealer aufsteigt. Aber dafür schaut man besser "The
Wire".
Jamal Woolard ist ein begabter Hauptdarsteller. Er ist dem echten B.I.G.
deutlich näher als, sagen wir, Val Kilmer je Jim Morrison nahe war. Das ist
aber auch das Beste, was man über "Notorious" sagen kann.
12 Feb 2009
## AUTOREN
Diedrich Diederichsen
## TAGS
Musik
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