# taz.de -- EU-Urteil zum Asyl: Hoffnung für Flüchtlinge | |
> Nach einem neuen Urteil des Europäischen Gerichtshof können mehrere | |
> tausend Bürgerkriegsflüchtlinge, deren Asylantrag abgelehnt wurde, | |
> hierzulande nun doch ein Bleiberecht erhalten. | |
Bild: Wurden vom EuGH erhört: Protestierende gegen Abschiebungen. | |
BERLIN/LUXEMBURG taz/afp Mehrere tausend Bürgerkriegsflüchtlinge | |
hierzulande können nach Einschätzung der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl | |
auf eine Verbesserung ihres Bleiberechts hoffen. Hintergrund ist ein | |
Urteil, das der Europäische Gerichtshof (EuGH) am gestrigen Dienstag in | |
Luxemburg verkündet hat. Danach müssen Flüchtlinge nicht zwingend | |
nachweisen, dass sie in ihrem Heimatland persönlich von "willkürlicher | |
Gewalt" bedroht sind. | |
"Das ist ein sensationelles Urteil", sagte Karl Kopp, Europareferent von | |
Pro Asyl, der taz. Das Urteil gebe Flüchtlingen aus Ländern wie | |
Afghanistan, Irak und Somalia, deren Asylantrag abgelehnt wurde, die | |
Aussicht, mit Hilfe eines Folgeantrags nun doch einen Schutzstatus zu | |
erreichen. | |
Flüchtlinge, die nicht die Voraussetzungen der Genfer Flüchtlingskonvention | |
erfüllen, dürfen in Europa unter ganz bestimmten Umständen trotzdem nicht | |
abgeschoben werden. Der sogenannte subsidiäre Schutz wird gewährt, wenn die | |
Flüchtlinge nach den Maßstäben der Europäischen Menschenrechtskonvention | |
schutzbedürftig sind. Das gilt insbesondere bei drohender Folter, | |
Todesstrafe und "willkürlicher Gewalt". | |
Im konkreten Fall war ein Ehepaar aus dem Irak in die Niederlande geflohen | |
und hatte dort geltend gemacht, bei einer Rückkehr drohe ihnen willkürliche | |
Gewalt. Der Mann hatte im Irak für einen britischen Sicherheitsdienst | |
gearbeitet und deswegen Drohbriefe bekommen. Ein Onkel, der für dieselbe | |
Organisation gearbeitet hatte, war bei einem Anschlag ums Leben gekommen. | |
Dennoch kamen die niederländischen Behörden zu dem Schluss, das Paar habe | |
eine individuelle Bedrohung nicht ausreichend begründet. | |
Nach dem Luxemburger Urteil ist dies jedoch auch nicht zwingend | |
erforderlich. Schließlich sei es gerade kennzeichnend für "willkürliche | |
Gewalt", dass sie sich nicht gezielt gegen bestimmte Personen richte. Je | |
größer das Ausmaß allgemeiner willkürlicher Gewalt in einem Land sei, desto | |
weniger müssten Flüchtlinge daher auch eine persönliche Bedrohung belegen, | |
heißt es in dem Urteil. Umgekehrt reiche ein geringeres Ausmaß an | |
allgemeiner willkürlicher Gewalt aus, wenn der Flüchtling glaubhaft machen | |
kann, dass er auch aufgrund persönlicher Umstände bedroht ist. | |
"Der EuGH schließt eine Schutzlücke in Deutschland und Europa", sagte | |
Pro-Asyl-Europareferent Kopp. Mit dem Urteil werde eine über Jahrzehnte | |
aufgebaute Blockade gegenüber Bürgerkriegsflüchtlingen in Deutschland | |
aufgelöst. Es gebe Bürgerkriegsflüchtlingen, denen die EU-Mitgliedsstaaten | |
den Asylstatus versagt hätten, neue Hoffnung. | |
Auch in Deutschland sei der subsidiäre Schutz bislang eng ausgelegt worden, | |
sagte der deutsche Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Stefan | |
Telöken. Die hohen Hürden habe der EuGH nun gesenkt. Über den konkreten | |
Fall müssen nun die Gerichte in den Niederlanden abschließend entscheiden. | |
(AZ: C-465/07) | |
18 Feb 2009 | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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