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# taz.de -- Rechtsextreme Verstrickungen: Heimattreue werden heimatlos
> Die "Heimattreue Deutsche Jugend" (HDJ) hatte ihr Zentrum in Berlin und
> Brandenburg. Wegen des Verbots gerät jetzt auch die NPD unter Beschuss
Bild: Heute sprechen die Angeklagten von einer "Sturm-und-Drang-Zeit".
Das am Dienstag von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) verhängte
Verbot der rechtsextremen "Heimattreuen Deutschen Jugend" (HDJ) betrifft
vor allem Berlin und Brandenburg. Die Region galt als Schwerpunkt der
HDJ-Aktivitäten. Nun gerät auch die NPD in die Bredouille: Sie war laut
Experten eng mit der rechten Nachwuchsschmiede verzahnt.
Schäuble hatte die HDJ verboten, weil die Jugendorganisation mit ihren
Zeltlagern und Schulungen nationalsozialistische Ansichten an Kinder und
Jugendliche vermittelt und sich in "aggressiv-kämpferischer Weise gegen die
verfassungsmäßige Ordnung" gestellt habe. Seit Jahren wies der
Verfassungsschutz auf rege Aktivitäten der HDJ in Berlin und Brandenburg
hin: In der Hauptstadt befinde sich die Bundesführung, von hier aus würden
überregionale Veranstaltungen geplant. In der Region tummeln sich die
Kader: In Brandenburg wohnen die HDJ-Bundesführer Sebastian Räbinger und
Holle Böhm sowie der HDJ-Ideengeber, der Neonazi-Rechtsanwalt Wolfram
Nahrath. Berlins NPD-Landeschef Jörg Hähnel gilt als aktives HDJ-Mitglied.
Ulli Jentsch vom Antifaschistischen Pressearchiv (apabiz) sieht die Region
als Zentrum der bundesweiten HDJ-Infrastruktur. Ihre hiesige "Einheit
Preußen" gehöre mit 60 Mitgliedern zu den größten und aktivsten des
Vereins. Sie veranstalteten unter anderem jährlich im Berliner Umland die
"Märkischen Kulturtage" mit bis zu 200 Neonazis.
Die Polizei führte am Dienstagmorgen Hausdurchsuchungen und
Beschlagnahmungen von Vereinsvermögen in Berlin und Brandenburg durch. In
der Hauptstadt wurden zwei Objekte in Lichtenberg und Pankow sowie die
Köpenicker NPD-Bundeszentrale durchsucht, in der NPD-Landeschef Hähnel
seinen Wohnsitz gemeldet hat. In Brandenburg waren Objekte in
Teltow-Fläming und Oder-Spree betroffen. Dabei soll es sich um das Haus des
HDJ-Bundesführers Räbiger und den Zweitwohnsitz von Hähnel handeln.
Die Innenminister von Berlin und Brandenburg, Ehrhart Körting (SPD) und
Jörg Schönbohm (CDU), begrüßten das Verbot. Damit treffe man die
Rechtsextremisten an einer empfindlichen Stelle. Schönbohm sprach von einem
"Akt des aktiven Jugendschutzes", Körting von einem "positiven Schritt für
die Demokratie". Für den Berliner Innensenator zeige der Beschluss, dass
Rechtsextremismus neben politischer Aufklärung auch durch Verbotsverfahren
bekämpft werden müsse. In Berlin nannten alle Parteien im Abgeordnetenhaus
das Verbot "überfällig".
Mit dem HDJ-Verbot gerät nun die NPD in die Schusslinie. Im aktuellen
Brandenburger Verfassungsschutzbericht werden enge Kontakte zwischen beiden
Organisationen beschrieben. Apabiz-Sprecher Jentsch sieht eine "massive
Verzahnung auf höchster Kader-Ebene". Neben Jörg Hähnel seien auch andere
führende HDJ-Aktivisten Mitglied der NPD. Der Ordnungsdienst der Partei
werde beinah komplett von der HDJ gestellt, so Jentsch. Der Innenexperte
der Linkspartei, Udo Wolf, sieht mit dem HDJ-Verbot ein "Abschneiden der
Nachwuchsschmiede der NPD". Apabiz-Sprecher Jentsch spricht von einem
"faktischen Teilverbot der NPD".
Auch Körting bestätigt enge Verstrickungen. Sie stellten einen erneuten
Beleg für die verfassungsfeindlichen Aktivitäten der NPD dar. Dies
untermauere auch seine Forderung nach einem NPD-Verbot. Unterstützung
erhält Körting von SPD-Innenexperte Tom Schreiber: "Wenn jetzt nicht
konsequenterweise ein NPD-Verbot in Angriff genommen wird, wann dann?"
Die NPD machte am Dienstag aus ihrer Nähe zur HDJ keinen Hehl: Die
"Gesinnungsdiktatur" hätte eine Organisation verboten, die "unseren
Jüngsten entgegen dem Zeitgeist ein Gefühl von Gemeinschaft vermittelt
hat".
31 Mar 2009
## AUTOREN
Konrad Litschko
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