# taz.de -- Viele Tote bei Erdbeben in Italien: L'Aquila, 3.32 Uhr | |
> Fast stündlich steigt die Zahl der Opfer des Erdbebens in den Abruzzen, | |
> bislang starben rund 180 Menschen. Etwa 50.000 wurden obdachlos. | |
Bild: Bilder nach dem Beben: Vier Überlebende sind in Decken eingewickelt. | |
ROM taz Rund 180 Tote, zahlreiche noch unter den Trümmern Vermisste, | |
zehntausende Obdachlose: Ein schwerer Erdstoß erschütterte in der Nacht von | |
Sonntag auf Montag die mittelitalienische Region Abruzzen. Das Beben von | |
etwa 39 Sekunden Dauer und einer Stärke von 5,8 auf der Richter-Skala | |
ereignete sich um 3.32 Uhr; sein Epizentrum lag unweit der | |
Regionshauptstadt L'Aquila etwa 100 Kilometer nordöstlich von Rom. | |
Auch dort war das Beben noch deutlich zu spüren: In den östlichsten | |
Stadtvierteln Roms flüchteten hunderte Menschen auf die Straßen. In der | |
70.000-Einwohner-Stadt L'Aquila stürzten zahlreiche Gebäude ein, unter | |
ihnen das "Duca degli Abruzzi", eines der bekanntesten Hotels der Stadt, | |
ebenso wie ein Studentenwohnheim und die Präfektur. Auch die örtliche | |
Universitätsklinik wurde schwer beschädigt; sie musste wegen Einsturzgefahr | |
teilweise evakuiert werden, und nur zwei Operationssäle konnten genutzt | |
werden. Die Kuppel einer Kirche stürzte ein, und die Kathedrale wurde | |
beschädigt. Wohl noch stärker als L'Aquila wurden aber zahlreiche | |
Bergdörfer im Umland getroffen. So wurde aus dem Ort Onna gemeldet, die | |
Hälfte der Häuser sei zusammengebrochen - 8 Tote und etwa 30 Vermisste | |
waren zu beklagen. Aus dem Dorf Castelnuovo wurden fünf Tote gemeldet, | |
unter ihnen vier Kinder, die unter den Trümmern ihres Hauses begraben | |
wurden. | |
Auch in L'Aquila selbst waren nur wenige Stunden nach dem Unglück schon am | |
Vormittag 16 Tote geborgen; insgesamt wurden bis zum Mittag 50 Todesopfer | |
gezählt. Die Behörden fürchten jedoch, dass die Zahl noch deutlich steigen | |
wird, da eine noch ungewisse Zahl von Personen unter den Trümmern | |
verschüttet ist. Währenddessen mussten hunderte Verletzte versorgt werden. | |
Angesichts der schweren Schäden an der Uni-Klinik mussten sie zunächst | |
unter freiem Himmel behandelt werden, während die Schwerverletzten mit | |
Hubschraubern in andere Regionen ausgeflogen wurden. | |
Ministerpräsident Silvio Berlusconi sagte seine für Montag geplante | |
Russlandreise ab und verhängte den Notstand über die Region. Guido | |
Bertolaso, der Chef des Zivilschutzes, sprach von der "größten Katastrophe | |
dieses Jahrhunderts" für Italien. Aus dem ganzen Land wurden Feuerwehr-, | |
Zivilschutz- und Armeeeinheiten in die Abruzzen dirigiert; bis Montagabend | |
sollten zwei Feldlazarette errichtet werden. In großen Teilen L'Aquilas | |
waren zunächst die Strom-, Gas- und Wasserversorgung unterbrochen. Zudem | |
geht der Zivilschutz davon aus, dass etwa 10.000 bis 15.000 Gebäude im | |
Erdbebengebiet aufgrund der Schäden unbewohnbar sind. Deshalb wurde sofort | |
mit der Errichtung von Zeltstädten begonnen, zahlreiche Hotels in der | |
Region wurden requiriert, um den auf 40.000 Personen geschätzten | |
Obdachlosen Unterkunft zu verschaffen. Am Vormittag irrten hunderte | |
Personen unter Schock, teilweise nur im Pyjama, mit einer Decke über dem | |
Rücken, durch die Straßen der Stadt. Schon in der kommenden Nacht, so ein | |
Vertreter des Zivilschutzes am Montag, solle jedoch jeder ein | |
provisorisches Dach über dem Kopf haben. Zahlreiche Menschen flüchteten | |
zudem aus Furcht vor Nachbeben aus der Stadt und suchten bei Verwandten | |
Unterschlupf. | |
Schon seit Mitte Januar wurde die Region immer wieder von schwächeren Beben | |
getroffen. Vor diesem Hintergrund hatte der Wissenschaftler Giampaolo | |
Giuliani, der in dem unterirdischen Atomphysiklabor unter dem Bergmassiv | |
des Gran Sasso in den Abruzzen arbeitet, vor wenigen Tagen ein | |
"verheerendes Beben" für die Abruzzen angekündigt, hatte als Termin jedoch | |
die letzten Märztage angegeben. Seine Aussage stützte er auf Gasmessungen | |
im Gestein. Diese Vorhersage handelte ihm ein Ermittlungsverfahren wegen | |
"Verbreitung von Panik" ein. Auch jetzt erklärte das Nationale Institut für | |
Geophysik und Vulkanologie, Erdbeben seien mit den zur Verfügung stehenden | |
Mitteln nicht präzise vorhersehbar. | |
6 Apr 2009 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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