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# taz.de -- NPD-Präsidentschaftskandidat: Rechtes Geklampfe fürs höchste Amt
> Liedermacher Rennicke soll für die NPD gegen Horst Köhler antreten. Die
> Partei betont, dass ihm das Bundesverfassungsgericht im März 2008 seine
> braunen Reime hat durchgehen lassen.
Bild: Das ist nicht Frank Rennicke. Aber womöglich einer aus seinem Fanclub.
FREIBURG taz Die NPD hat am Wochenende den rechtsradikalen Liedermacher
Frank Rennicke als ihren Kandidaten für die Wahl des Bundespräsidenten
benannt. Die Partei weist darauf hin, dass eine Verurteilung Rennickes
wegen Volksverhetzung vom Bundesverfassungsgericht schon im Vorjahr
aufgehoben wurde. Karlsruhe hatte dies nicht bekannt gemacht.
Frank Rennicke, Jahrgang 1964, versteht sich als nationaler Liedermacher.
Musikalisch orientiert er sich an Reinhard Mey und Hannes Wader. Seine
Texte handeln vom "Mädel mit der Fahne" und den "besten Soldaten der Welt".
Rennicke war bis zur Auflösung 1994 in der Wiking-Jugend aktiv, heute
gehört er der NPD an.
Das Amtsgericht Böblingen verurteilte Rennicke im Jahr 2000 wegen
Volksverhetzung zu 10 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung, vor allem
wegen des so genannten "Heimatvertriebenenlieds". Dabei beschreibt der
Sänger die Situation der Deutschen in der Bundesrepublik als "Knechtschaft"
in der Heimat. Das Hetzlied endet mit den Zeilen: "Amis, Russen,
Fremdvölker raus - endlich wieder Herr im eigenen Haus." In der Begründung
des Amtsgerichts heißt es, damit werde die Wiederherstellung des Dritten
Reiches propagiert und zur Gewaltanwendung gegen Ausländer aufgerufen. Das
Landgericht Stuttgart bestätigte 2002 das Urteil, erhöhte aber die Strafe
auf 17 Monate mit Bewährung.
Im März 2008 hob das Bundesverfassungsgericht die Verurteilung weitgehend
auf. Rennicke sei in seiner Meinungsfreiheit verletzt, hieß es in der
Kammerentscheidung. Die Strafurteile enthielten "keine hinreichend
nachvollziehbaren Argumente", warum das Lied eine Wiederherstellung des
NS-Regimes und Gewalt gegen Ausländer propagiere. Eine echte Abwägung mit
der Meinungsfreiheit sei gar nicht erst vorgenommen worden. Das Landgericht
Stuttgart muss über den Fall neu entscheiden, was noch nicht erfolgt ist.
Zumindest teilweise bleibt Rennickes Verurteilung aber bestehen. Das
Amtsgericht hatte dem Sänger auch eine Leugnung des Holocaust vorgeworfen.
Einer Warensendung seines Versandhandels habe er eine entsprechende
Broschüre beigelegt, was das Böblinger Gericht ebenfalls als
Volksverhetzung wertete. Dagegen hatte auch das Bundesverfassungsgericht
keine Einwände: "Erwiesen unrichtige Tatsachenbehauptungen" seien nicht vom
Grundgesetz geschützt.
Erstaunlicherweise hat Karlsruhe seine Entscheidung im letzten Jahr nicht
publik gemacht, obwohl sie doch den bekanntesten rechtsradikalen
Liedermacher in Deutschland betraf. Außerhalb einschlägiger Kreise war
Rennickes Erfolg in Karlsruhe deshalb nicht bekannt.
Dass das Verfassungsgericht die Aufhebung von Strafurteilen gegen
Rechtsradikale nicht an die große Glocke hängt, ist fast schon üblich. Auf
eine Mitteilung verzichtete das Gericht auch 2006, als es entschied, die
Parole "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" sei keine NS-Parole und ähnele auch
keiner solchen. Ebenso verfuhr Karlsruhe Ende letzten Jahres, als es die
Verurteilung eines Rechtsradikalen beanstandete, der die deutsche Fahne mit
der Bezeichnung "schwarz-rot-senf" verunglimpft haben soll. Meist wurden
derartige Entscheidungen der Verfassungsrichter erst über Umwege bekannt
und führten nachträglich zu erheblichen Diskussionen.
7 Apr 2009
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
VOX
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