# taz.de -- Werbung für Volksentscheid: Senat darf doch nicht für Ethik werben | |
> In zweiter Instanz bekommt "Pro Reli" doch Recht. Der Berliner Senat darf | |
> keine Steuergelder für Werbemittel zum Volksentscheid einsetzen. Senat | |
> will Grundsatzentscheidung. | |
Bild: Ausriss aus der heutigen taz mit der umstrittenen Anzeige des Berliner Se… | |
Drei Tage vor dem Volksentscheid für ein Wahlpflichtfach Ethik/Religion hat | |
die Initiative "Pro Reli" im Anzeigenstreit mit dem Berliner Senat vor dem | |
Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin einen wichtigen Erfolg errungen. Der | |
Senat darf nun nicht mehr in Inseraten aus Steuergeldern für den | |
Ethikunterricht werben und dazu aufrufen, bei dem Volksentscheid am Sonntag | |
mit Nein zu stimmen. Das entschied das OVG am Donnerstagabend und gab damit | |
einer Beschwerde des Vereins "Pro Reli" statt. | |
Damit änderte die höhere Instanz den zuvor ergangenen Beschluss des | |
Verwaltungsgerichts. Dieses hatte dem Senat Recht gegeben. Das OVG | |
argumentiert in seiner Eilentscheidung, es sehe "durch den Einsatz von | |
staatlichen Mitteln die Chancengleichheit der Initiatoren von "Pro Reli" | |
verletzt". | |
Mit dem Volksentscheid will die von den Kirchen unterstützte "Pro Reli" das | |
Wahlpflichtfach Ethik/Religion an den Schulen Berlins durchsetzen. Gegen | |
die Initiative hat sich unter anderem die rot-rote Koalition ausgesprochen. | |
Sie will das Fach Ethik als Grundlage zur Wertevermittlung für alle | |
Oberschüler beibehalten. Sollte der Volksentscheid erfolgreich sein, müsste | |
der rot-rote Senat das Schulgesetz ändern. | |
In der Entscheidung des OVG geht es nur um den Anzeigenstreit, nicht um die | |
Durchführung des Volksentscheids am Sonntag. Mögliche Anzeigen für diesen | |
Freitag seien jedoch bereits geschaltet und ließen sich nicht mehr stoppen, | |
hieß es bei Beteiligten. Auch die taz vom Freitag war am Donnerstagabend | |
längst in Druck, als das Urteil bekannt wurde. Die umstrittene Anzeige | |
findet sich daher im Berlin-Teil der Freitagsausgabe. | |
"Pro Reli" warf dem Senat in seinem Antrag vor Gericht vor, für seine | |
Anzeigenkampagne Steuergelder zu verschwenden und darin teils unrichtige | |
Aussagen zu machen. "Es ist ein Unding, dass der Senat in diese | |
Auseinandersetzung werbend eingreift und dafür noch staatliche Gelder in | |
großer Höhe einsetzt", sagte der Vorsitzende von "Pro Reli", Christoph | |
Lehmann. | |
Im Anzeigenstreit zum Volksentscheid für ein Wahlpflichtfach Ethik/Religion | |
ist nach Ansicht von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) | |
"noch nicht das letzte Wort gesprochen". | |
Wowereit betonte nach Angaben des Senders: "Es gibt auch Rechtsprechung von | |
Verfassungsgerichten, die sagen, es gibt das Recht der Regierung Stellung | |
zu nehmen, anders als bei Wahlen, wo man ein Neutralitätsgebot hat." Wenn | |
das OVG das anders sehe, "dann wird das auszufechten sein. Das wird | |
gerichtlich zu klären sein." | |
"Wir streben eine rechtliche Klärung für die Zukunft an, wir wollen eine | |
Grundsatzentscheidung", ergänzte Senatssprecher Richard Meng. Es gehe um | |
die Frage, wie Landesregierungen sich verhalten dürfen, wenn bei | |
Volksentscheiden die Initiatoren mit erheblichen Mitteleinsatz für ihre | |
Position werben. "Wenn Regierungen als Partei in dieser Auseinandersetzung | |
gar nicht mit öffentlichen Mitteln mithalten dürften, halten wir für | |
falsch", sagte der Sprecher. | |
Bei dieser rechtlichen Klärung gehe es nicht um den Volksentscheid am | |
Sonntag, weil keine weiteren Anzeigen am Samstag oder Sonntag geplant | |
seien. Es gehe grundsätzlich um einen "angemessenen Mitteleinsatz und nicht | |
um Millionen", sagte Meng. Die jetzt eingesetzten 50 000 Euro für zwei | |
Anzeigenkampagnen halte er für "sehr angemessen." Der Verein "Pro Reli" | |
setzte nach eigenen Angaben einen "höheren sechsstelligen Betrag" für seine | |
Werbekampagne ein. | |
dpa, taz | |
24 Apr 2009 | |
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