# taz.de -- Dialogbereit: Die erste gemeinsame Demo | |
> In Hannover gingen palästinensische und jüdische Gemeinden zusammen auf | |
> die Straße, um am 1. Mai gegen Neonazis Flagge zu zeigen. Zwei | |
> Interviews. | |
Bild: Verstreut: Weil sie in Hannover nicht demonstrieren durften, verteilten s… | |
## Interview 1 | |
taz: Warum wollten Sie mit den jüdischen Gemeinden demonstrieren, Herr | |
Shammout? | |
Yazid Shammout: Wir wollten mit den jüdischen Gemeinden ins Gespräch kommen | |
und nach Gemeinsamkeiten statt nach bekannten Differenzen suchen. Wir sind | |
beide Gemeinden, beide Minderheiten in Deutschland, haben ein | |
demokratisches Verständnis auf Basis der Verfassung, die meisten von uns | |
sind deutsche Staatsbürger. | |
Wie ging es dann weiter? | |
Der Hannoversche Oberbürgermeister fand die Idee spannend und lud die | |
beiden jüdischen Gemeinden und uns zum Gespräch ein. Auf der Suche nach | |
einem gemeinsamen Punkt ergab sich die Aktion am 1. Mai: Wir wollten | |
gemeinsam Flagge zeigen als Bürger dieser Stadt. | |
Kamen heute die Gemeinden miteinander ins Gespräch? | |
Ich war beeindruckt von der Vielfältigkeit der Anwesenden: von den | |
liberalen Juden über die orthodoxen, die entsprechend gekleidet waren, hin | |
zu unseren Reihen, wo auch die Skeptischeren gekommen waren. Es waren eben | |
nicht nur die liberalen Juden und die liberalen Palästinenser. Ich glaube, | |
dass es eine breite Basis für weitere Gespräche gibt. | |
Hätte man das schon viel früher haben können? | |
Manche Entwicklungen müssen erst reifen. Ich habe heute den | |
Polizei-Einsatzleiter getroffen, der auch vor Ort war, als wir gegen die | |
Angriffe auf Gaza demonstrierten. Am 1. Mai demonstrierten wir Seite an | |
Seite. | |
Yazid Shammout, 48, ist Vorsitzender der palästinensischen Gemeinde | |
Hannover | |
## Interview 2 | |
taz: Sehen Sie sich nächstes Jahr wieder gemeinsam mit der | |
palästinensischen Gemeinde demonstrieren, Herr Fürst? | |
Michael Fürst: Das weiß ich nicht - schließlich hatten wir diesmal mit der | |
Demonstration gegen die Nazis einen besonderen Anlass. Aber wir werden | |
sicherlich weiter Gespräche führen und versuchen, dem anderen zuzuhören und | |
zu verstehen, warum er anders denkt. | |
Gab es im Vorfeld auch skeptische Stimmen? | |
Am Anfang gab es vielleicht die Frage, ob es Sinn hat. Aber wenn man | |
begreift, dass man nicht die Maximalforderung stellen kann, dass der andere | |
einen gleich versteht oder von einer politischen Auffassung abrückt, weiß | |
man, dass man miteinander sprechen muss - und dass es lange dauert. | |
Wie war Ihr Eindruck vor Ort? | |
Sehr positiv, es gab keinerlei besondere Vorkommnisse. | |
Gab es Kontakt zwischen den Mitgliedern der jüdischen und palästinensischen | |
Gemeinden? | |
Das muss erst kommen. Wir können so etwas nicht vorbereiten, indem wir | |
vorher große Gemeindeversammlungen einberufen und fragen: "Wollt ihr das?" | |
Wir müssen als Gemeindevorsitzende sagen: Das machen wir so. Und wenn die | |
Gemeinden das missbilligen, müssen sie uns abwählen - aber davon gehe ich | |
nicht aus. | |
Michael Fürst, 61, ist der Vorsitzende der der Jüdischen Gemeinde Hannover | |
1 May 2009 | |
## AUTOREN | |
Friederike Gräff | |
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