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# taz.de -- Radrennfahrer Danilo Di Luca: Killer und Abruzzengott
> Die zwei Gesichter des Danilo Di Luca: gutwilliger Nothelfer für seine
> Heimatregion und sinistrer Vertreter seiner Sportart.
Bild: Das Lächeln fällt ihm trotz der küssenden Schönheiten schwer - vielle…
BLOCKHAUS taz | Danilo Di Luca ist der Abruzzengott. Er hat eine
Spendenkampagne unter den Radprofis für seine vom Erdbeben geplagte
Heimatregion ins Leben gerufen. "Abruzziamo" steht neben all den
Sponsorenlogos auf seiner Brust, eine sprachliche Kreation aus der Liebe,
den Abruzzen und der Aufforderung zum Umarmen (abracciamo). Di Luca hat
rosa Armbänder salonfähig gemacht. Man kann sie für einen Euro erwerben;
das Geld geht an einen Abruzzenfonds. Auch Lance Armstrong hat sich eines
besorgt. Di Luca hat sich dafür ein gelbes Livestrong-Band verpassen
lassen.
Vor einem Jahr war der Mann, der jetzt auf Augenhöhe mit Lance ist,
lediglich ein guter Rennfahrer mit den üblichen berufsbedingten
Deformationen. Im ersten Teil seiner Karriere hat er bei Klassikern
abgeräumt. Ein paar Etappen bei der Spanien- und der Italienrundfahrt hat
er geholt. Er hat sich den Namen "Killer von Spoltore" verdient, weil er
aus dem abruzzischen Spoltore kommt und mit dem Jagdinstinkt der dortigen
Bewohner kaltblütig Rennen für sich entscheidet. Vor drei Jahren hat er
sich von Klassikerspezialisten zum Rundfahrer umgebaut. 2007 gewann er den
Giro. In diesem Jahr liefert er dem führenden Russen Denis Mentschow einen
harten Kampf.
Im Zeitalter der Spezialisierung waren Rundfahrtsiege nach erfolgreicher
Klassikerkarriere außer Di Luca nur Lance Armstrong gelungen. Bei Di Lucas
Wandlung war Dr. Carlo Santuccione mit von der Partie. Der Mann hat Epo,
Wachstumshormone und weitere leistungssteigernde Elemente im Peloton
verteilt und ist deswegen per Sportgerichtsurteil für alle Zeit aus allen
Mannschaftsbussen verbannt. Di Luca ist zu dem Mann aus dem Nachbardorf
Cepagatti aber weiterhin gepilgert. Wegen der Konsultation eines vom Sport
ausgeschlossenen Mediziners saß er sogar eine dreimonatige Sperre ab. Weil
er nach der schwersten Etappe des Giro 2007 auffällige Blutwerte hatte,
wurde er vom römischen Dopingjäger Ettore Torri vors Disziplinargericht
zitiert. Der vorsitzende Richter erklärte sich nicht kompetent genug dafür,
aus den medizinischen Daten auf eine Manipulation zu schließen.
Es ist übrigens nicht anzunehmen, dass Di Luca, dessen Spurtkraft am Berg
weiter zugenommen hat, auf seine früheren "Trainingsbeihilfen" verzichtet.
Als echter Profi hat er sie nur ordentlich zu kaschieren gelernt. Seine
größte Wandlung hat er aber in diesem Jahr vollzogen. Jetzt siegt er
nämlich nicht mehr nur für sich. "Ich siege für die Abruzzen", hat er bei
diesem Giro mehrfach verkündet. Er hat seine Ambitionen in einen Strom
eingebettet, der größer, weiter und bedeutender ist als alles, was Radsport
ausmacht. Ein geschickter Schachzug. Wer will solch eine Heldenfigur noch
mit einem pharmazeutischen Verdacht konfrontieren?
"Danilo war auch als kleiner Junge schon schnell. Er ist immer als Erster
durch die Gassen geflitzt. Er braucht solche Zusätze nicht", sagt ein
Barbesitzer im Santuccione-Dorf Cepagatti. Er hat ein Rosa Trikot von Di
Luca über dem Tresen hängen. Der Blick aus seinen blauen Augen ist so
intensiv, dass um sein Leben fürchtet, wer eine abweichende Meinung
verkündet. Der Radsport ist, so scheint es, voller Sekten mit inbrünstig
gepflegtem Partikularglauben. Danilo, der Killer und Abruzzengott, schwebt
momentan über all diesen irdischen Nichtigkeiten.
29 May 2009
## AUTOREN
Tom Mustroph
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