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# taz.de -- Geplatzter Klitschko-Kampf auf Schalke: Das Schweigen der Fäuste
> Wladimir Klitschko braucht dringend einen Gegner. Nach der Absage von
> David Haye wird der ukrainische Weltmeister gegen irgendjemand anderen
> kämpfen.
Bild: Hallo, wer will mit mir kämpfen? Wladimir Klitschko auf Gegnersuche.
Wladimir Klitschko wollte nicht reden. Er wollte kämpfen. Doch das
Schwergewichtsboxen zeichnet sich dieser Tage nicht durch spektakuläre
Ringschlachten aus. Stattdessen verkommt es immer mehr zu einem verbalen
Kräftemessen von Managern und Anwälten. Seit fünf Wochen bereitet Klitschko
sich im österreichischen Going bei Kitzbühel auf sein geplantes Duell mit
dem Briten David Haye am 20. Juni in der Schalker Fußball-Arena vor. Am
Mittwoch hatte er einer großen Schar Journalisten aus Deutschland und
Großbritannien gerade erklärt, dass er sich von den Provokationen Hayes
nicht aus der Ruhe bringen lasse - "Wenn die Fäuste reden, werden wir
sehen, wer die besseren Argumente hat", sagte Klitschko -, da kam sein
Manager Bernd Bönte herein und zerstörte die gelassene Stimmung des
Haudraufs aus der Ukraine. Haye habe gerade wegen einer Verletzung
abgesagt, teilte Bönte mit. Die Fäuste werden also wieder einmal schweigen.
Dem ersten Entsetzen folgte bei Klitschko trotzige Zuversicht: "Ich werde
am 20. Juni auf jeden Fall boxen." Rund 50.000 Karten für das Spektakel im
Stadion sind bereits verkauft; der 33-Jährige stand seit seinem wenig
spektakulären Sieg über Hasim Rahman am 13. Dezember nicht mehr im Ring.
"Ich will im Geschäft bleiben", betonte der jüngere der beiden
Schwergewichts-Weltmeister aus dem Hause Klitschko. Am Donnerstag lagen ihm
bereits ein knappes Dutzend Angebote von Schwergewichtsboxern aus aller
Welt vor, die für Haye einspringen wollen.
Im Geschäft zu bleiben, das ist dennoch nicht immer so einfach. Diese
Erfahrung machten erst am vergangenen Wochenende die beiden WBA-Weltmeister
Ruslan Tschagajew (Usbekistan) und Nikolai Walujew (Russland). Ihr
geplantes Duell war am vergangenen Freitag 24 Stunden vor dem ersten Gong
vom finnischen Verband verboten worden, weil dieser eine Ansteckungsgefahr
des vor Jahren an Hepatitis B erkrankten Usbeken nicht ausschließen wollte.
Da Tschagajew und Walujew beide gerade eine Vorbereitung absolviert haben,
waren sie am Mittwoch die Ersten, die als mögliche Ersatzgegner für
Klitschko gehandelt wurden, zumal beide als angemessene Klitschko-Gegner
vor großer Kulissen gelten können. Walujew, weil er so groß ist, und
Tschagajew, weil er der einzige ist, der den russischen Riesen schon mal
bezwungen hat.
Bernd Bönte fragte noch am Mittwochabend bei beiden Managements an, erhielt
von Walujews Promoter Wilfried Sauerland jedoch schon kurz darauf eine
Absage. "Nikolai hat seit einer Woche nicht mehr trainiert und befindet
sich zurzeit privat in Süddeutschland", erklärt Sauerland-Sprecher Heiko
Mallwitz. "Er hat sich auf einen 1,84 Meter großen Rechtsausleger
vorbereitet." Um gegen den zwei Meter langen Normalausleger Klitschko in
den Ring zu steigen, wolle Walujew "eine 100-prozentige Vorbereitung
absolvieren".
Weniger zögerlich zeigte man sich bei Tschagajews Hamburger Management
Universum. Promoter Klaus-Peter Kohl will die Anfrage von Bönte prüfen:
"Grundsätzlich ist das ein interessantes Gedankenspiel." Allerdings wird
man bei Universum wohl keine Entscheidung fällen, bevor die WBA nicht über
die Zukunft des Duells Walujew gegen Tschagajew entschieden hat, sollte
doch der Sieger dieses Kampfes zum einzig wahren Weltmeister des Verbandes
gekürt werden. Wladimir Klitschko hatte kein Verständnis für die Absage in
Helsinki gezeigt, schließlich habe Tschagajew auch beim ersten Duell gegen
Walujew vor zwei Jahren ähnliche Blutwerte gehabt.
Er selbst hätte sich ganz einfach impfen lassen, sagte Klitschko.
Tschagajews Krankengeschichte dürfte einem möglichen Duell mit dem Ukrainer
also nicht im Weg stehen. Und Michael Timm, der Trainer des 30-Jährigen,
sagte: "Wir sind nach der Spinnerei in Helsinki drangeblieben, und wir sind
bereit."
Ob sich die Managements einigen können, darüber wollte der Trainer nicht
spekulieren: "Seit letztem Wochenende weiß ich nicht mehr, was möglich ist
und was nicht." Eine kurzfristige Umstellung von Walujew auf Klitschko
schrecke ihn und Tschagajew aber nicht. "Ein mulmiges Gefühl hat man
sowieso immer, das ist so in diesem Sport", sagte Michael Timm. "Wer am
Ende die besseren Nerven hat, setzt sich durch." So einfach könnte das
Boxen sein, wenn es nicht zu viele Beteiligte gäbe, die mitreden und
mitverdienen wollen.
4 Jun 2009
## AUTOREN
Susanne Rohlfing
## TAGS
Boxen
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