# taz.de -- Kommentar Dresden Weltkulturerbe: Monument alten Denkens | |
> Die Waldschlösschenbrücke in Dresden demonstriert eindeutig das Primat | |
> von Materialismus und unbegrenztem Verkehrswachstum. Und wirft ein | |
> bezeichnendes Licht auf die vielgerühmte Kunststadt. | |
Der Dresdener Welterbe-Brücken-Eklat ist mehr als nur eine Provinzposse, | |
die auf das Klima in der viel gerühmten Kunststadt ein bezeichnendes Licht | |
wirft. Es geht um ästhetische, kulturelle und ökologische Werte einerseits | |
und materielle Effizienzkriterien andererseits. | |
Die Waldschlösschenbrücke ist ein Monument alten Denkens, der Annahme | |
unbegrenzten Verkehrswachstums. Für CDU und FDP ist sie zum Prestigeobjekt | |
geworden, deshalb wollen beide Parteien keine Kompromisse zulassen. Und | |
weil die Brücke ebenso eindeutig das Primat von Ökonomie und Materialismus | |
demonstriert, stößt die Brücke umgekehrt auf die erbitterte Gegnerschaft | |
der nachhaltigen Denker und der Welterbe-Romantiker. | |
Letztere haben sich immerhin zum Angebot eines Tunnelkompromisses bequemt. | |
Wer ein solches Angebot ausschlägt, ist im Grunde der Schwache, Unsichere. | |
Der CDU kann im Falle eines Titelverlustes für Dresden eigentlich niemand | |
mehr glauben, eine wertkonservative Partei zu sein. Und den Dresdnern | |
könnte man die werbewirksam behauptete Liebe zu ihrer Kulturstadt auch | |
nicht mehr abnehmen. 57 Prozent der Einwohner der sich selbst gern | |
verklärenden Stadt verzichten lieber auf den Welterbetitel und die | |
Unversehrtheit der gelungenen Symbiose von Bau und Landschaft am Elbhang, | |
wenn sie dafür einige fiktive Autominuten sparen. | |
Die Unesco-Entscheidung kommt aber auch einem Menetekel für die | |
Bundesregierung gleich. Wohl behaupten einige Gutachten, die | |
Welterbekonvention entfalte auch ohne ein Ratifizierungsgesetz juristische | |
Bindewirkung für Länder und Kommunen. Mit einem solchen überfälligen Gesetz | |
aber, das räumt sogar der ADAC ein, wäre es nie zu einem Bürgerentscheid, | |
zum Baubeginn und zum jetzt drohenden Titelverlust und Imageschaden | |
gekommen. | |
24 Jun 2009 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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