# taz.de -- Koalition über NS-Unrecht: Keine Kriegsverräter-Urteile mehr | |
> Endlich ringt sich auch die Union dazu durch, angebliche Kriegsverräter | |
> zu rehabilitieren. Die Aufhebung spart Geld, weil Staatsanwälte keine | |
> Einzelfallprüfungen mehr durchführen müssen. | |
Bild: Unionsfraktionschef Volker Kauder begründet Schwenk mit neuen historisch… | |
BERLIN taz | SPD und Union werden heute im Bundestag einen Gesetzentwurf | |
einbringen, der die NS-Urteile gegen "Kriegsverräter" aufhebt. Das Gesetz, | |
das am 26. August endgültig verabschiedet werden soll, entspricht - bis auf | |
Details - dem Gruppenantrag, den Abgeordnete von Linkspartei, Grünen und | |
SPD zum Missvergnügen der Union unterstützt hatten. | |
Offenbar, sagte Norbert Geis (CSU) der taz, habe die Union ihren Kurs | |
geändert, um "Verärgerung in der Koalition zu verhindern". Durch den von | |
162 Parlamentariern, vor allem aus Linke, SPD und Grünen, getragenen | |
Gruppenantrag sei der Druck gewachsen. Geis hält das bisherige Verfahren, | |
nach dem Staatsanwaltschaften auf Antrag Einzelfälle überprüfen, nach wie | |
vor für besser. Unionsfraktionschef Volker Kauder begründete den Schwenk | |
damit, dass "neue historische Studien zeigen, dass der ungefähre Tatbestand | |
des Kriegsverrats ein Instrument der NS-Justiz war". Damit meint er | |
offenbar Wolfram Wettes Studie "Das letzte Tabu" von 2004. | |
Anders klingt die Deutung des parlamentarischen Geschäftsführers der | |
SPD-Fraktion, Thomas Oppermann. Die SPD habe sich seit Langem um die | |
Rehabilitierung der "Kriegsverräter" bemüht. Nun habe sich die Union | |
endlich bewegt. Zudem basiere die Initiative der Linkspartei zur Aufhebung | |
der Urteile auf dem SPD-Vorschlag. | |
Was in Oppermanns Version fehlt, ist, dass die Aufhebung der Urteile 2002 | |
am Widerstand der SPD scheiterte. Damals wollten die Grünen neben | |
Deserteuren und Kriegsdienstverweigerern auch "Kriegsverräter" pauschal | |
rehabilitieren. Und dass Linkspartei-Abgeordneter Jan Korte seit 2006 mit | |
einem Gesetzentwurf die Aufhebung der NS-Urteile forcierte. Korte erklärte | |
ironisch: "Der SPD-Vorschlag, von dem Oppermann spricht, muss so geheim | |
gewesen sein, dass ihn weder andere Parteien noch die eigene Fraktion | |
kannte." | |
Im Antrag von SPD und Union ist vermerkt, dass die Aufhebung Geld spart, | |
weil Staatsanwälte keine Einzelfallprüfungen mehr durchführen. Das ist wohl | |
der schwächste aller Gründe, die nach 64 Jahren für die Rehabilitierung der | |
"Kriegsverräter" sprechen. Unter dem Strich zählt, dass die Urteile | |
aufgehoben werden. | |
1 Jul 2009 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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