| # taz.de -- Integrationswelle: Multicult kämpft und überlebt | |
| > Seit einem halben Jahr sendet unter www.multicult20.de ein Webradio, das | |
| > das multikulturelle Berlin hochleben lässt. Doch ab August könnte es eng | |
| > werden - mit Geld und Räumen. | |
| Bild: Will die Welt zeigen, wie sie wirklich ist: Das Webradio multicult 2.0 | |
| "Na, aber klar!" Brigitta Gabrins Antwort kommt ohne Zögern. Die Frage an | |
| die Journalistin lautete: "Hätten Sie damit gerechnet, dass Radio multicult | |
| 2.0 sich so lange hält?" | |
| Ein halbes Jahr ist es her, dass der private Nachfolger der | |
| öffentlich-rechtlichen RBB-Welle "Radio Multikulti" ins Netz ging: ins | |
| Internet. Am 31. 12. 2008 um 22 Uhr hatte der RBB die einst als | |
| Modellprojekt erschaffene Integrationswelle abgeschaltet. Fünf Minuten | |
| später erklang "multicult 2.0": Gemeinsam mit einigen KollegInnen der | |
| geschassten Welle, ein paar Neuzugängen sowie der Unterstützung treuer | |
| MultikultihörerInnen, die sich im "Freundeskreis Multikulti" | |
| zusammenschlossen, hat Gabrin aus dem Webversuch ein 24-Stunden-Programm | |
| gemacht. | |
| Wie sein Vorgänger sendet das Internetradio Berichte aus dem | |
| multikulturellen Leben Berlins, Weltmusik und Sendungen in | |
| Einwanderersprachen. Derzeit gibt es Persisch, Kurdisch, Vietnamesisch und | |
| Arabisch, mehrere südosteuropäische Sprachen sowie Sendungen ausländischer | |
| Radios wie aus der Türkei. | |
| Doch multicult 2.0 ist keine Kopie seines Vorgängers: Anders als die | |
| RBB-Welle, die das deutschsprachige Tagesprogramm um 17 Uhr zugunsten eines | |
| mehrstündigen Fremdsprachenprogramms enden ließ, streut multicult 2.0 | |
| Deutsch- und Fremdsprachiges durch den Tag. Zudem versuchen die | |
| Radiomacher, Teile des Programms in Englisch, Deutsch und Französisch | |
| gleichzeitig hörbar zu machen - per Mausklick. | |
| Dass multicult 2.0 die dafür notwendige Software der Firma Audiantis | |
| kostenlos nutzen darf, ist Gabrin wichtig zu erwähnen. Denn Geld ist das | |
| große Problem des Projekts. Die rund 80 MitarbeiterInnen arbeiten alle | |
| ehrenamtlich. Gesendet wird aus Räumen, die bislang kostenlos zur Verfügung | |
| gestellt werden - noch bis August. Derzeit sei vor allem Geld für neue | |
| Technik nötig, erklärt Schubert: "Vieles davon ist von MitarbeiterInnen | |
| privat eingebracht worden." Und verschleiße nun: "Die Lage wird langsam | |
| prekär", so Schubert. | |
| Deshalb ist eine Neuorganisation in Planung, die dem Radio mehr Sicherheit | |
| geben soll: Eine GmbH wird gegründet, der neben der Genossenschaft der | |
| MitarbeiterInnen ein Stifterverein sowie die Berlin Music Commission (BMC), | |
| ein Zusammenschluss von Konzertveranstaltern und Plattenlabels, angehören | |
| sollen. | |
| Auch auf politischer Ebene wird multicult 2.0 unterstützt: Benedikt Lux, | |
| flüchtlingspolitischer Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, fordert | |
| etwa, dessen Empfang in Haftanstalten zu ermöglichen. Seit dem Wegfall des | |
| Antennen-Senders Radio Multikulti sei die mediale Versorgung von | |
| inhaftierte Migranten nicht mehr gewährleistet, so Lux. Zwar sendet auf | |
| dessen Frequenz nun das Funkhaus Europa aus Köln. Doch bietet das erheblich | |
| weniger muttersprachliche Sendungen als einst Radio Multikulti: Auf | |
| Albanisch, Persisch oder Vietnamesisch sendet die WDR-Welle nicht. | |
| Multicult 2.0 schon: Nur ist Internet in Gefängnissen bislang nicht | |
| erlaubt. | |
| Noch viel zu tun also für Brigitta Gabrin und ihre MitstreiterInnen. Dass | |
| sie nicht hinschmeiße, stehe fest, sagt die dreisprachig aufgewachsene | |
| Journalistin. "Berlin braucht Radio, das die Welt abbildet, wie sie | |
| wirklich ist: global und multikulturell." | |
| 4 Jul 2009 | |
| ## AUTOREN | |
| Terese Sitzmann | |
| Ulrike Dimitz | |
| Alke Wierth | |
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