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# taz.de -- die wahrheit: Fisteln und Falten
> Geschichten zum Winden - heute: Die Untenrum-Party mit Ekelspaß.
Bild: Geht ein Mann aufs Klo – und es kommt nichts…
Dringender Warnhinweis: Personen mit einer niedrigen Ekeltoleranz, einem
schwachen Magen oder etwa Halswirbelschäden sollten wegen der hohen
Windungsgefahr von der Lektüre dieses Wahrheit-Textes absehen.
Man kennt das ja: Die Party hat längst ihren Zenit überschritten, alle sind
einigermaßen abgefüllt und daher viel zu faul, noch etwas Leben in die Bude
zu bringen. Das muss nicht so bleiben. Mit den richtigen Hilfsmitteln und
einer Prise Gemeinheit lässt sich selbst zu fortgeschrittener Stunde noch
ein unvergesslicher Partyknaller zünden. Und das Gute dabei: Umso später,
desto besser ist der Zeitpunkt für eine solche Überprüfung der
gastro-intestinalen Integrität der Gäste. Alles, was man dazu braucht, sind
einige Fachpublikationen für Urologen. Denn dank ihrer gleichermaßen
unorthodoxen wie reichhaltigen Bebilderung eignen sie sich vorzüglich als
Stimmungstest.
Man nehme einfach einen Stapel Uro-Spaß aus dem Regal und konfrontiere die
nichts ahnende Runde mit ungewohnten An- und Einsichten zum menschlichen
Körper. Am besten beginnt man mit sanfter Absurdität und steigert sich
stufenweise mit immer ekzemiger werdenden Bildern. Wichtig dabei: Die
Zeitschriften immer geschlossen weitergeben. So ist der Effekt
ausgeprägter, wenn die Gäste ganz unverhofft selbst auf die Perlen jedes
Exemplars stoßen.
Zunächst reicht man den Gästen eine Ausgabe unter dem Motto "Tauziehen um
die Prostata", auf deren Cover eine Reihe von Weißkitteln an einem Objekt
herumzerrt, das aussieht wie eine aufgeschnittene Zitrone. Das Ganze soll
dabei irgendwie ein Sinnbild für die Zukunft der Urologie darstellen.
Gespannt wartet man dann auf Seite 40, wenn die Abbildungen mit Beispielen
für Analfissuren erscheinen - aufsteigend sortiert nach: "a) akut, b)
unkompliziert chronifiziert, c und d) kompliziert chronifiziert mit Fistel,
Abszess, Analpolyp, Vorpostenfalte und Schmerz". Vor allem Letzteres
spiegelt sich spätestens jetzt in den Gesichtern der anwesenden ehemaligen
Partylöwen.
Nach dieser kurzen Aufwärmphase sind sie bereit für die harten Sachen, wie
etwa die "tastbare harte Markise" beim Analkarzinom, die man vor dem
Fotoshooting vielleicht etwas hätte reinigen können. Schnurstracks geht es
weiter mit den wirklich grazilen Bildern. Bühne frei für die "Induratio
penis plastica"! Unter einem fulminanten Aufmacherbild eines
blutüberströmten Glieds, das mit Hilfe eines mittig durch die Eichel
gezogenen Nylonfadens in die Höhe gezerrt wird, erfährt man Einzelheiten
über diese Krankheit, die durch "derbe Plaque" gekennzeichnet ist und die
aufgrund eines narbigen Schrumpfungsprozesses zur Deviation des Penis führt
- von der "Proliferation der Fibroblasten" einmal ganz abgesehen.
Jetzt ist für gewöhnlich der Punkt gekommen, an dem die ersten Gäste den
Gastgeber wahlweise als abartig, krank oder total gestört bezeichnen und
aufgewühlt fragen, wo er diesen ekelerregenden Uro-Mist nur herhabe. Diese
Frage beantwortet man am besten mit einer Bildergalerie, die den
Krankheitsverlauf von "Urogenitalen Condylomen" illustriert - einer
Erkrankung, die der Laie angesichts ihres Erscheinungsbildes wohl als
"fiesen Schwanzschimmel" bezeichnen würde.
Manch einer wird sich nun in die harmlosere "Stein-Ecke" der Zeitschrift
zurückziehen und freiwillig darüber nachdenken, welcher Urin-pH für die
Beseitigung welches Harnsteins anzustreben ist. Einige werden auch,
animiert durch eine ganzseitige Anzeige, ihre Innereien mit einer Runde
"Spasmex 30" besänftigen wollen. Oder sie schreien gleich nach "Lyrinel
uno", das "gegen das WC im Kopf" helfen soll. Auf dem Bild dazu ist eine
Omi mit rosafarbenen Blumenkleid zu sehen, der man ein ebenso rosa
beblümtes Baustellenklo auf den Rücken geschnallt hat.
Die Partystimmung wäre damit definitiv gerettet - und das mit einfachsten
Mitteln. Und auch gegen die gefürchteten Gäste, die sonst nie nach Hause
gehen wollen, hilft dieser Einblick ins schrullige Paralleluniversum der
Fachzeitschriften sehr effektiv. Allerdings muss man sich bewusst sein,
dass man manchmal bei seinen Gästen auf sogenannte Uro-Resistenzen stößt:
Harte Kerle, die das oben beschriebene größtenteils schon selbst erlebt
haben. Das ist dann mit Vorsicht zu genießen. Denn es kann passieren, dass
man zu einem gemeinschaftlichen Chlamydien-Test eingeladen ist, der unter
Zuhilfenahme von sehr unangenehmen Abstrichstäbchen durchgeführt wird.
Man erfährt dazu alle Einzelheiten, was wie und vor allem wie tief in den
Harnleiter geschoben wird, und auch, dass die Prozedur im Innersten ein
diffus-kribbeliges Gefühl verursacht, das mehrere Stunden andauern soll.
Das wäre nun der allerbeste Zeitpunkt, die Party ganz spontan aufzulösen,
bevor man sich vor lauter Winden gar nicht mehr rühren kann.
6 Jul 2009
## AUTOREN
Michael Gückel
## TAGS
Andropause
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