# taz.de -- Megaspree gegen Mediaspree: Demo mit Beat | |
> Mehrere tausend Menschen demonstrieren mit einer lauten Musikparade gegen | |
> rücksichtslose Stadtentwicklung. | |
Bild: Politik mit Musik und Lufblasen: Teilnehmer der Megasprree-Demo am Samstag | |
Wie eine neue Love Parade sah die Parade des Bündnisses "Megaspree" am | |
Samstagnachmittag aus. Mehrere tausend Menschen zogen tanzend und feiernd | |
durch Friedrichshain, Kreuzberg und Mitte, um für den Erhalt der Club- und | |
Kiezkultur in der Innenstadt zu demonstrieren. Unter dem Motto "Berlin | |
frisst ihre Kinder" forderten sie, die bedrohten Clubs und Kulturprojekte | |
entlang der Spree zu retten und "Freiräume" zu erhalten. | |
Mit der Demoparade feierte das Bündnis Megaspree seinen ersten großen | |
öffentlichen Auftritt. Ihm gehören über 70 Clubs, Bars und Kulturprojekte | |
sowie einige linke Gruppen an, darunter die Bürgerinitiative gegen die | |
Autobahn A100 und die Gruppe "Mediaspree versenken", die im vergangenen | |
Jahr den Bürgerentscheid gegen Mediaspree initiiert hatte. Anlass war der | |
Jahrestag des Bürgerentscheids. Über 87 Prozent der Wähler hatten am 13. | |
Juli 2008 gegen das Projekt Mediaspree gestimmt. | |
Die Demonstrationszüge starteten am späten Nachmittag in Friedrichshain, | |
Kreuzberg und Treptow, trafen gegen 20 Uhr an der Jannowitzbrücke in Mitte | |
zusammen und zogen zum Molkenmarkt hinter dem Roten Rathaus. Die | |
Veranstalter sprachen von 10.000 TeilnehmerInnen, die Polizei von 2.500. | |
"Wir sind total überwältigt, dass so viele gekommen sind", sagte Christin | |
Bolte, Sprecherin von Megaspree, der taz. Die Parade habe gezeigt, wie | |
wichtig das Thema vielen sei. "Das war ein hervorragender Auftakt. Jetzt | |
sind wir erst recht motiviert, uns zu vernetzen und langfristig zusammen | |
Lobbyarbeit zu betreiben." | |
Mehrere Musiktrucks begleiteten die Parade mit DJs und Konfetti, zahlreiche | |
TeilnehmerInnen tanzten. Über den politischen Hintergrund der Parade waren | |
nicht alle informiert, Transparente gab es nur vereinzelt zu sehen. "Wowi - | |
Wanted for neoliberale Stadtpolitik" forderte eines, andere richteten sich | |
gegen die Autobahn A100 oder ein "Spreeufer nur für Reiche". Teil der | |
Parade war die Kunstaktion "Berlin treibt ab": Ein Motorboot zog eine fünf | |
Meter lange Babyfigur aus Styropor bis zur Jannowitzbrücke, die | |
DemonstrantInnen trugen sie von dort aus weiter bis zum Roten Rathaus. Die | |
Figur trägt als Stempel die Namen bedrohter Projekte, die auf Brachen und | |
in Nischen entstanden sind. Dem Regierenden Bürgermeister und Kultursenator | |
Klaus Wowereit wollte das Bündnis symbolisch eine "Adoptionsurkunde" | |
übergeben. Laut Bündnis gab es von Wowereit bislang keine Reaktion. | |
Auf der Abschlusskundgebung am Molkemarkt spielten mehrere Bands, | |
dazwischen sprachen VertreterInnen verschiedener Gruppen, unter anderem die | |
Bar SO36 und die Bürgerinitiative Stadtring Südost. Die Stadt müsse die | |
Bürger in die Planung für das Spreeufer stärker einbeziehen, forderte etwa | |
Mikado, Sprecherin des bedrohten RAW-Tempels. Dabei könne zurückgegriffen | |
werden auf alle, die seit Jahrzehnten am kreativen Image der Stadt | |
arbeiteten: "Wir brauchen keine creative class, wir sind die creative | |
class!" Laut Polizei blieb alles friedlich. Ursprünglich wollte ein Teil | |
der DemonstrantInnen noch eine Mahnwache hinter dem Roten Rathaus abhalten, | |
die Polizei untersagte dies allerdings trotz Genehmigung. Die | |
DemonstrantInnen zogen weiter zur Abschlussparty in den Club Yaam. | |
13 Jul 2009 | |
## AUTOREN | |
Juliane Schumacher | |
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