# taz.de -- Online-Petition gegen Gema: Der Club der unbeliebten Urheber | |
> Eine Online-Petition mit rund 105.000 Unterzeichnern stellt die Gema an | |
> den Pranger. | |
Bild: Hier kann die Online-Petition unterschrieben werden: auf der Homepage des… | |
Es ist eine klassische David-gegen-Goliath-Geschichte. Monika Bestle, die | |
Leiterin einer Kleinkunstbühne in Sonthofen, hat die große | |
Musikverwertungsgesellschaft Gema herausgefordert - und schon deshalb fast | |
alle Sympathien auf ihrer Seite. Ihre Online-Petition kann bis Freitag noch | |
unterschrieben werden - rund 105.000 Unterstützer hat sie schon. Was für | |
ein Erfolg! | |
Monika Bestle veranstaltet in ihrer "Kulturwerkstatt" im Allgäu regelmäßig | |
kleinere Konzerte und kommt gerade so über die Runden. Einer der größten | |
Ausgabenposten geht an die Gema für die Urheberrechte der gespielten Musik. | |
Bestle fand die Tarife existenzbedrohend, doch erst per Zufall erfuhr sie, | |
dass es eine Missverhältnisklausel gibt, die die Gema-Abgabe auf 10 Prozent | |
der Konzerteinnahmen beschränkt. | |
"Warum hat mir das die Gema nicht gesagt?", fragte Bestle wütend. Später | |
drohte ihr die Gema an, sie könne sich bald nicht mehr auf die Klausel | |
berufen, schließlich sei "niemand verpflichtet, Konzerte durchzuführen, bei | |
denen kein Gewinn zu erwarten ist". Aufgrund solcher Erfahrungen startete | |
sie im Vorjahr eine Sammelpetition an den Bundestag. Die Gema soll | |
transparenter und unbürokratischer werden. Sie forderte andere kleine | |
Konzertveranstalter auf, ihre Erfahrungen zu schildern. 1.300 individuelle | |
Eingaben kamen bis Ostern 2009 zusammen. | |
Dann erfuhr sie, dass sich der Petitionsausschuss verpflichtet hat, | |
Petenten für eine Anhörung einzuladen, wenn sie mehr als 50.000 | |
Unterzeichner hinter sich bekommen. Sie startete deshalb eine neue | |
Petition, diesmal auf der Homepage des Bundestags | |
[1][epetitionen.bundestag.de/]. "Die Gema wird zunehmend vom | |
Kultur-Schützer zum Kultur-Vernichter", hieß es dort. Jetzt, nach sechs | |
Wochen, hat sie das gesteckte Ziel weit überschritten. | |
Geholfen hat ihr eine anonym verbreitete Massen-E-Mail, die eine | |
600-prozentige Erhöhung der Gema-Gebühren für Live-Musik anprangerte. Dies | |
werde "vor allem kleinere Konzerte unmöglich machen", hieß es dort. | |
Tatsächlich plant die Gema eine solche Tariferhöhung bis 2014 - allerdings | |
nur für die Veranstalter von Großkonzerten in Stadien und Hallen, die | |
bisher nur einen minimalen Anteil ihrer Einnahmen an die Gema abführen | |
müssen. "Ich habe sofort klargestellt, dass das nichts mit meiner Petition | |
zu tun hat", beteuert Bestle - aber wer die Gema nicht mag, hat gern | |
geglaubt, dass sich der Plan auch gegen kleine Bühnen richtet. | |
Die Gema ist ein Verein, in dem sich rund 60.000 Komponisten, Textautoren | |
und Verleger zusammengeschlossen haben. Sie kassiert, wenn Musik im Radio, | |
auf Konzerten oder im Kaufhaus gespielt wird. Sie verlangt Abgaben pro | |
verkaufter CD, aber auch für CD-Rohlinge und CD-Brenner. 2008 hat die Gema | |
so 823 Millionen Euro eingenommen, die mit einem Abzug von rund 15 Prozent | |
für Verwaltungskosten und weiteren 10 Prozent für die Gema-Sozialkasse | |
vollständig an die Urheber ausgezahlt werden. Gewinne darf die Gema keine | |
erzielen. | |
Für Urheber, deren Musik auch von anderen gespielt und genutzt wird, ist | |
die Existenz der Gema eine große Erleichterung, denn sie wären gar nicht in | |
der Lage, allen Nutzern hinterherzulaufen. Auch den Musiknutzern bringt die | |
Gema eine enorme Vereinfachung, weil sie wissen, wo sie (fast) alle | |
Nutzungsrechte, die sie brauchen, unproblematisch - wenn auch nicht | |
kostenlos - erhalten. | |
Doch warum ist die Gema so unbeliebt? Den Veranstaltern sind die Tarife zu | |
teuer und zu unübersichtlich und der Ton der Gema-Schreiben ist ihnen zu | |
sehr von Misstrauen geprägt. Viele Musiker haben zudem das Gefühl, dass | |
manche Kollegen mehr aus der Gema rausholen als sie selbst, weil im Verein | |
die Großverdiener das Sagen haben. | |
Autor Frank Dostal vom Gema-Aufsichtsrat hält dagegen: "Alle Gema-Regeln | |
sind im Verein demokratisch beschlossen." Manches sei nur deshalb so | |
kompliziert, weil man lange diskutiere und versuche, alle Interessen zu | |
berücksichtigen. | |
Nun hat die Gema reagiert, direkt wird jetzt auf der Homepage auf ermäßigte | |
"Kultur- und Sozial-Tarife" hingewiesen, die man früher lange suchen | |
musste. Eine Härtefallklausel sorgt dafür, dass der Veranstalter für ein | |
schlecht besuchtes Konzert im kleinen Club nur 21,50 Euro Gema-Gebühren | |
zahlen muss. | |
"Das ist ein erster Erfolg der Petition", freut sich Mike Wolter vom | |
Verband Profolk. Früher musste er oft Konflikte schlichten, weil weder | |
Veranstalter noch Gema-Personal solche Härtefallregeln kannten. Sein Tipp: | |
"Statt auf die Gema zu schimpfen, sollte man lieber mit den Gema-Leuten | |
reden. Jenseits der Formulare sind die nämlich ganz vernünftig." Mehr | |
Sorgen als die Petition macht der Gema die EU-Kommission. Sie wirft den | |
nationalen Verwertungsgesellschaften vor, dass sie jeweils Monopole sind. | |
Vielleicht muss Gema-Aufsichtsrat Frank Dostal bald selbst eine Petition | |
starten - zur Rettung der Gema. | |
17 Jul 2009 | |
## LINKS | |
[1] http://epetitionen.bundestag.de/ | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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